Die arbeitgeberfinanzierte betriebliche Altersversorgung Über kaum ein Thema wird in der öffentlichen Debatte so leidenschaftlich dis kutiert wie über das zukünftige Rentensystem und die Rentensicherung. Dabei stehen verschiedene Konzepte und Modelle zur Diskussion, die auch ein stück weit ideologisch geprägt sind und von Land zu Land divergieren. Unstrittig ist - insbesondere bezogen auf Deutschland, aber auch auf die meisten europäischen Länder -, dass der demographische Wandel die umlagefinanzierte gesetzliche Rentenversicherung vor große gesellschaftliche Herausforderungen stellt, denn immer weniger sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh mer müssen für die gesetzliche Rente der zunehmenden Anzahl von Rentnerinnen und Rentner aufkommen. In der Politik wird dieses Problem einerseits durch die Kürzungen der ge setzlichen Renten - das Instrument hierfür ist die so genannte Rentenformel, die in spezifischen Zeitperioden angepasst wird (Stichwort: Nachhaltigkeitsfaktor) - und andererseits durch die Erhöhung des Renteneintrittsalters gelöst. Die dritte Möglichkeit, durch die Erhöhung der gesetzlichen Rentenbeiträge dem demo graphischen Wandel und in diesem Zusammenhang den Auswirkungen auf das Rentensystem entgegenzuwirken, scheint politisch nicht gewollt zu sein und spielt daher in der aktuellen Diskussion keine Rolle. Wird der Blick auf die Entwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung in Deutschland gelenkt, so droht vielen Beschäftigten im Alter die Altersarmut. In einigen Ländern, in denen die gesetzliche Rente zur Alterssicherung traditionell eine geringe Bedeutung spielt, wie beispielsweise in den angelsächsischen Län dern, ist die Altersarmut heute schon ein reales gesellschaftliches Problem. So halten sich in diesen Ländern viele Menschen im Rentenalter nur über Wasser, weil sie einer prekären Beschäftigung (ein oder mehrere Minijob(s)) nachgehen. In Deutschland könnte sich in einigen Jahren ein vergleichbares Szenario ergeben, da das Niveau der gesetzlichen Rentenversicherung stetig abnimmt. Dramatisch an der Situation ist, dass selbst Beschäftigten, die ein Leben lang einer sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigung nachgegangen sind, die Altersarmut droht, insbesondere dann, wenn sie in dem so genannten Nied riglohnsektoren beschäftigt sind oder einer prekären Beschäftigung nachgehen. Unterschiedliche Quellen weisen darauf hin, dass die durchschnittliche ge setzliche Rente eines typischen Rentners in einigen Jahrzehnten bei etwa 40 bis 50 Prozent ihres Nettoeinkommens liegen wird.1 Eine Mindestrente, wie sie in der Vergangenheit in einigen europäischen Ländern eingeführt wurde, um den Lebensunterhalt zu sichern, ist aktuell in Deutschland nicht Stand der Diskussion. Stattdessen existiert der Mechanismus der Grundsicherung, der dann Rentnerinnen und Rentner zu Sozialfällen werden lässt. Die gegenwärtige, politisch gewollte Lösung für das eben umrissene gesell schaftliche Problem ist die Förderung von ergänzenden Formen der Altersvorsor ge. Dies betrifft die betriebliche Altersversorgung und die private Altersvorsorge. Die betriebliche Altersversorgung ist kein neues Instrument. Sie hat in Deutschland eine lange Tradition und besteht bereits länger als die gesetzliche Rentenversicherung. Ursprünglich war die betriebliche Altersversorgung eine frei willige soziale Leistung einiger Arbeitgeber, die ihre Belegschaft vor Altersarmut bewahren wollten. Nach Einführung der gesetzlichen Rentenversicherung diente die Betriebsrente als zusätzliches Renteneinkommen. Mit ihr wurde langjährige Betriebstreue belohnt. Inzwischen soll nach Vorstellungen des Gesetzgebers die betriebliche Altersversorgung die zunehmend schlechter werdende gesetzliche Rentenleistung aufbessern. Zusammen mit der privaten Altersvorsorge soll sie den Lebensunterhalt nach Ausscheiden aus dem Arbeitsleben sichern (Drei-Säulen Modell bzw. Drei-Schichten-Modell). Ob dieses Rentenmodell in der gegenwärtigen Form aufgeht, darf bezwei felt werden. Dagegen spricht, dass die Freiwilligkeit der betrieblichen Alters versorgung und der privaten Altersvorsorge keine Teilnahme an diesem Modell garantiert.2 Die Arbeitsbedingungen einiger Beschäftigten lassen darüber hinaus keinen oder nur einen zu geringen Spielraum für derlei Vorsorge zu. Mit dem de mographischen Wandel allein lässt sich der Rückgang der gesetzlichen Rente nicht erklären. Hier spielen auch die unzulänglichen Einkommen vieler Beschäftigter eine wichtige Rolle, bei denen trotz durchgängiger Beschäftigung keine ausrei chende Altersversorgung zustande kommt. Erschwerend kommt hinzu, dass die kapitalgedeckte Altersversorgung Risiken in sich birgt. Die letzte Kapitalmarkt krise hat dies nachhaltig gezeigt. Vergleicht man das neue Rentenmodell mit der bisherigen Umlagefinanzierung so ist festzustellen, dass in den meisten Fällen zusätzliche Zahlungen vom Arbeitnehmer zu leisten sind, etwaige Förde
rungen durch den Staat nicht das Niveau der früheren Betei ligung der Arbeitgeber an den Rentenversicherungsbeiträgen erreichen und das neue Modell mit wirtschaftlichen Risiken für den Arbeitnehmer verbunden ist, die es im alten System so nicht gab. Kurzum: Die aus der demographischen Entwicklung resultierenden Risiken der umlagefinanzierten Rentenversicherung sollen durch die kapitalgedeckte betrieb liche Altersversorgung aufgefangen werden. Die kapitalgedeckte Altersversor gung ist jedoch ebenfalls mit vielen Unsicherheiten und Risiken verbunden. So ist beispielsweise unsicher, wie sich in Zukunft die Renditen der kapitalgedeckten Altersversorgung am Kapitalmarkt entwickeln werden. Schließlich werden neben dem Vermögensstock die Erträge aus den angelegten Mitteln für die Rentenzah lungen an die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verwendet. Ein zentrales Problem sind hier drohende Kapitalverluste, die insbesondere durch Finanz- und Wirtschaftskrisen in wiederkehrenden Zyklen ausgelöst werden. Neben den zyklischen Finanz- und Wirtschaftseinbrüchen können weitere grundsätzliche Probleme auftreten: Problem anlagesuchendes Kapital Wenn die kapitalgedeckte Altersversorgung als Rentenmodell national und international weiter Verbreitung findet, dann ist zu fragen, inwiefern ein Über angebot an Kapital die Finanzmärkte flutet. Dieses Szenario hätte negative Auswirkungen auf die Renditen. Problem Phänomen asset meltdown Hier geht es um die Frage, was auf den Kapitalmärkten passieren könnte, wenn beispielsweise in einigen Jahrzehnten die geburtenstarken Jahrgänge in Rente gehen. Bei Annahme einer schrumpfenden Bevölkerung gehen Wissen schaftler davon aus, dass auf den Kapitalmärkten das Angebot die Nachfrage übersteigt und dies wiederum negative Auswirkungen auf die Renditen hätte. Problem ethikorientierte Kapitalanlage Neben diesen wirtschaftlichen Problemen ergeben sich durch die Kapitalanla ge der Versorgungsträger auch ethische Probleme wie beispielsweise Anlage in Unternehmenswerte, die Sozialstandards nicht einhalten. Im Zentrum dieser Handlungshilfe steht die Diskussion um die arbeitgeberfinan zierte betriebliche Altersversorgung. Auf die Entgeltumwandlung, die gesetzliche Rentenversicherung sowie auf die private Altersvorsorge wird nachfolgend nicht eingegangen, da sie den Rahmen dieser Handlungshilfe sprengen würden. Ziel der nachfolgenden Ausführungen ist es, den Beschäftigten sowie Auf sichts- und Betriebsräten einen Überblick über die arbeitgeberfinanzierte betrieb liche Altersversorgung zu geben und wesentliche Entwicklungen, Risiken und Probleme zu thematisieren. Um es an dieser Stelle vorwegzunehmen, war es nicht die Intention der Verfasser, ein umfassendes Handbuch über die arbeitgeberfinan zierte betriebliche Altersversorgung zu verfassen. Dies hätte aufgrund der thema tischen Komplexität wesentlich umfangreicher ausfallen müssen. Vielmehr soll der nachfolgende Text die Beschäftigten und Mandatsträgern der Mitbestimmung kurz und möglichst verständlich über wesentliche Aspekte und Entwicklungen der arbeitgeberfinanzierten betrieblichen Altersversorgung informieren und auf mögliche Situationen hinweisen, die im Unternehmensalltag passieren oder pas sieren können. Inhaltlich gliedert sich diese Handlungshilfe wie folgt: In Abschnitt 2 wer den zunächst die fünf Durchführungswege der betrieblichen Altersversorgung vorgestellt. Den Schwerpunkt dieses Abschnittes bildet der Durchführungsweg Pensionsfonds. In Deutschland gibt es erst mit Inkrafttreten des Altersvermögens gesetzes 2002 die Möglichkeit, Pensionsfonds als zulässigen Durchführungsweg einzusetzen. Sie sind damit der bislang zuletzt eingeführte Durchführungsweg der betrieblichen Altersversorgung und daher besonders interessant. Abschnitt 3 befasst sich mit dem Modell Contractual Trust Arrangement (CTA) als relativ neues Phänomen der betrieblichen Altersversorgung. CTAs werden eingesetzt, um die Auslagerung von Pensionsverpflichtungen aus den Unternehmensbilanzen durchzuführen. In der letzten Zeit hat sich dies zu einem Trend entwickelt. Anschließend widmet sich Abschnitt 4 der Diskussion der für die Beschäf tigten in der Praxis auftretenden Probleme und Risiken der arbeitgeberfinanzierten betrieblichen Altersversorgung. Hier werden im Wesentlichen Fragen erörtert, 2002 wurde der Anspruch auf Entgeltumwandlung eingeführt (vgl. § 1a BetrAVG). Dies hat der betrieblichen Altersversorgung erheblichen Auftrieb gegeben. Ein großer Teil der Arbeitnehmer verzichtet in diesem Rahmen auf einen Teil des Entgelts zugunsten einer betrieblichen Alters versorgungszusage. wie: Was passiert mit den Pensionsplänen bzw. Betriebsrenten, wenn etwa Fu sionen oder Unternehmensübernahmen das eigene Unternehmen betreffen? Was passiert, wenn es dem Unternehmen wirtschaftlich schlecht geht? Ziel ist es, den Arbeitnehmervertreterinnen und -vertretern in den entsprechenden Gremien auf konkrete Problemlagen aus der P
raxis hinzuweisen und Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Die Abschnitte 5 und 6 widmen sich der nationalen und internationalen Rechnungslegung. In Abschnitt 5 werden die handelsrechtlichen Neuerungen in Bezug auf die Pensionsverpflichtungen und die Implikationen für Unternehmen erörtert, die durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) ausgelöst worden sind. In diesem Zusammenhang wird auch auf spezifische Risiken der Pensionsverpflichtungen hingewiesen. Es werden aber auch bilanzpolitische Ge staltungsmöglichkeiten, die im Zuge von BilMoG möglich sind, aufgezeigt und Hinweise geben, worauf insbesondere Aufsichtsräte achten müssen, wenn sie den Jahresabschluss prüfen. In Abschnitt 6 wird auf die Bilanzierung von Pensionsverpflichtungen nach der internationalen Rechnungslegung eingegangen und insbesondere dargestellt, welche Neuerungen sich durch die Novellierung der IAS 19 für die Geschäftsjahre ab 2013 ergeben. Auch in diesem Abschnitt weist der Verfasser4 auf bilanzpoli tische Gestaltungsmöglichkeiten sowie auf mögliche Risiken hin