Befristet Beschäftigte stellen mittlerweile einen Anteil von rund 8% der Beschäftigten in Deutschland dar und der Trend ist weiterhin leicht steigend. In manchen Branchen und Altersgruppen wird dieser Durchschnittswert deutlich überschritten. So erstaunt es, dass die Anzahl der Betriebsvereinbarungen noch immer recht gering ist. Ausgewertet wurden hier 19 Vereinbarungen. Es fällt auf, dass viele der bestehenden Mitbestimmungsrechte nur unzureichend oder gar keinen Niederschlag in Vereinbarungen finden. Die Tatsache, dass Befristungsverträge zumeist einen erheblichen Einfluss auf die Lebensgestaltung der Arbeitnehmer haben, weil längerfristige Planungen ohne eine sichere und dauerhafte Erwerbsgrundlage nicht möglich sind, würde einen wesentlich restriktiveren Umgang mit der Materie rechtfertigen. Hauptsächliche Regelungspunkte sind noch immer die Festlegung von Quoten und die nähere Ausgestaltung von Befristungsgründen, die jedoch den gesetzlichen Vorgaben folgen müssen. Die Quotenregelungen dienen vornehmlich dem Schutz der Stammbelegschaft. Für die befristet Beschäftigten hingegen wäre es von Vorteil, wenn gerade die zwingenden Mitbestimmungsrechte, die Betriebsräte beispielsweise bei der Einstellung auch von befristeten Arbeitnehmern nach § 99 BetrVG ausüben können, in den Vereinbarung mehr zur Geltung kämen und differenzierter ausgestaltet wären. Der Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages ist häufig die einzige Alternative zur Arbeitslosigkeit. Laut Statistischem Bundesamt waren aus diesem Grund im Jahr 2012 immerhin 42% der befragten Beschäftigten ''unfreiwillig'' befristet beschäftigt. Nur 5% hatten bewusst ein befristetes Arbeitsverhältnis gewählt. Von 2011 bis 2014 konnte ein leichter Rückgang verzeichnet werden. Es waren ''nur'' noch 8,1% befristet beschäftigt, rund 3 Millionen Menschen. Damit liegt Deutschland leicht unter dem EU-Durchschnitt von 8,2%. Besonders Jüngere sind betroffen: 17,2% der 25 bis 34-Jährigen sind befristet beschäftigt. Menschen unter 25 fließen gar nicht erst in diese Berechnung ein. Den Interessenvertretungen ist es ein Anliegen, befristet Beschäftigte zumindest soweit mit Regelungen zu unterstützen, wie es in ihrer Mitbestimmungsmacht liegt. Gleichwohl ist die Anzahl der vorliegenden Betriebsvereinbarungen mit Regelungen zu diesem Thema noch immer sehr gering. Zudem vermitteln viele von ihnen Eindruck, dass befristet Beschäftigte hauptsächlich als Personalpuffer eingesetzt werden sollen. Dahingegen ist die befristete Übernahme von Auszubildenden sicherlich positiv zu bewerten. Dies gilt ebenso für Regelungen, die befristet Beschäftigte bei der unternehmensinternen Stellenbesetzung fördern. Für die Analyse wurden 19 betriebliche Vereinbarungen ausgewertet, die sich in vollem Umfang oder teilweise dem Thema Befristung widmen. Ausgenommen wurden bewusst Vereinbarungen aus dem Wissenschaftsbereich, da diese auf einer anderen gesetzlichen Grundlage fußen (WissZeitVG) und hinsichtlich der Befristungsbedingungen nicht vergleichbar sind. AÜG Arbeitnehmerüberlassungsgesetz BAG Bundesarbeitsgericht BetrVG Betriebsverfassungsgesetz KSchG Kündigungsschutzgesetz LAG Landesarbeitsgericht MTV Manteltarifvertrag TzBfG Teilzeit- und Befristungsgesetz WissZeitVG Wissenschaftszeitvertragsgesetz Der Anteil der befristet Beschäftigten in Deutschland nimmt in den letzten Jahren zu - beständig, aber moderat. Allerdings ist innerhalb des prozentualen Gesamtwerts von rund 8% im Jahr 2013 die Belastung bei verschiedenen Alters- und Bildungsgruppen sehr unterschiedlich. Akademiker sind mit einem Schnitt von rund 29% besonders betroffen, wenn es um die zeitlich begrenzten Arbeitsverhältnisse geht. Dafür sind Frauen (9%) nicht wesentlich häufiger betroffen als Männer (8%) - eine Differenz, die in den vergangenen 20 Jahren abgenommen hat (1991: Frauen 7%, Männer 5%). Auch die Branchenzugehörigkeit spielt eine wesentliche Rolle, wenn es um den Anteil befristeter Verträge geht. An Hochschulen ist der Anteil befristet Beschäftigter naturgemäß sehr hoch (79,3%) - ermöglicht durch das ''Gesetz über befristete Arbeitsverträge in der Wissenschaft'' (Wissenschaftszeitvertragsgesetz, WissZeitVG). Aber auch im Gesundheitswesen liegt die Quote weit über dem deutschen Durchschnitt (59,5%), ebenso wie in der öffentlichen Verwaltung (28,9%)1. Dabei liegt Deutschland mit durchschnittlich 8% im Mittelfeld der Anteile befristet Beschäftigter: Sie liegen im EU-Durschnitt bei 11%. In Spanien (21,4%) und Polen (23,4%) zeigen die Werte, dass mindestens jede/r Fünfte einen zeitlich begrenzten Arbeitsvertrag besitzt. Die jüngeren Arbeitnehmer2 zwischen 15 und 25 Jahren haben zwar wieder etwas bessere Chancen auf einen unbefristeten Vertrag, da die Befristungsquote in den vergangenen Jahren von 57% (2010) auf 41% (2012) zurückging3. Doch dafür steigen die Anteile der Befristungen bei Neuverträgen seit 20 Jahren immens: von 32% im Jahr 1991 auf 47% im Jah
r 20104. Eine Umfrage unter Betriebsräten aus mehr als 5000 Betrieben ergab: Nur in 15% der Unternehmen überwiegen die dauerhaften Arbeitsverhältnisse, dagegen wird in 42% der Fälle auf Befristungen gesetzt. Damit liegt die Quote fast gleichauf mit den Leiharbeitsverhältnissen (43%)5. Betriebsräte sind hierbei schon deswegen gefragt, weil die Befristungsverträge oftmals nicht auf freiwilligem Entschluss der bzw. des jeweiligen Beschäftigten beruhen. Für viele ist der Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages die einzige Alternative zur Arbeitslosigkeit - weil sie keine Dauerstelle gefunden haben. Im Jahr 2012 gaben 42,2% der befragten Beschäftigten an, aus diesem Grund ''unfreiwillig'' befristet beschäftigt zu sein. 27% gaben als Grund einen Probearbeitsvertrag an und bei 22% war das Ausbildungsverhältnis der Befristungsgrund, nur 5% hatten bewusst ein befristetes Beschäftigungsverhältnis gewählt. Dabei ist der Anteil der ungewollten Zeitverträge weiter gestiegen: Im Jahr 2002 lag er bei gut 36%, im Jahr 2012 bereits bei über 42%. Es muss daher ein Anliegen der Beschäftigtenvertretungen sein, die zwangsweise befristet Beschäftigten zumindest soweit mit Regelungen zu unterstützen, wie dies in ihrer Mitbestimmungsmacht liegt. Um befristete Beschäftigung zu regeln, werden nach wie vor unterschiedliche Regelungsmodelle gewählt. Die ausgewerteten (Gesamt-)Betriebsvereinbarungen, Regelungsabreden, betriebsbezogenen Ergänzungstarifverträge, formlosen Erklärungen u. a. zeigen: Diesbezügliche Fragestellungen werden zum einen in Vereinbarungen behandelt, die nur marginal auf die befristet Beschäftigten Bezug nehmen: beispielsweise eine Betriebsvereinbarung zur gleitenden Arbeitszeit, die befristet Beschäftigte mit einbezieht. Andere Betriebe schaffen gemeinsame Regelwerke für Leiharbeitnehmer und befristet Beschäftigte. Wiederum andere schließen Ergänzungstarifverträge oder Manteltarifverträge ab. ''Jeder elfte Arbeitsvertrag hat ein Verfallsdatum''9 - angesichts dieser Tatsache erstaunt es, dass es mittlerweile in Deutschland keine einheitliche, geregelte ''Landschaft'' von Betriebsvereinbarung zur Befristung gibt. Die folgende Auswertung untersucht sowohl die Grundüberlegungen, die Betriebe zur Einstellung von befristet Beschäftigten anstellen, als auch die wichtigsten bzw. auffälligsten Regelungspunkte: die Übernahme in unbefristete Arbeitsverhältnisse, die Quotenregelungen, den Umgang mit sachgrundlos bzw. mit Sachgrund Befristeten. Die Auswertung zeigt zudem den innerbetrieblichen Umgang mit den Restriktionen des Teilzeit- und Befristungsgesetzes auf. Vg. BAG 28.04.1998, Fitting 2014, § 77 Rn. 189. Vgl. BAG 23.06.1992, BAG 28.04.1992, Däubler et al. 2014, § 77 Rn. 123. Vgl. BAG 09.02.1984, Fitting 2014, § 77 Rn. 180. Die vorliegende Auswertung beruht auf 19 betrieblichen Vereinbarungen, die sich vollumfänglich oder teilweise dem Thema Befristung widmen. Ausgenommen wurden bewusst Befristungsvereinbarungen aus dem Wissenschaftsbereich, da diese auf einer anderen gesetzlichen Materie fußen (WissZeitVG) und hinsichtlich der Befristungsbedingungen nicht vergleichbar sind. Angesichts der Tatsache, dass befristete Arbeitsverhältnisse einen Großteil der Beschäftigten betrifft - rund jeder Zwölfte ist befristet angestellt, in manchen Branchen sogar jeder Dritte - ist die Anzahl der vorliegenden Betriebsvereinbarungen mit Regelungen zu diesem Thema immer noch verschwindend gering. Das mag zum einen daran liegen, dass diese Thematik in vielen Fällen nicht durch Betriebsvereinbarung regelbar ist, da das Thema Befristung gemäß § 77 Abs. 3 BetrVG tarifvertraglich ohne Öffnungsklausel bereits festgelegt wurde oder zumindest tarifüblich ist. Zum anderen könnte dem die Tatsache zugrunde liegen, dass der Regelungswunsch der betrieblichen Interessenvertretungen auf Arbeitgeberseite nicht auf großen Zuspruch trifft. Nur dort, wo der Betriebsrat sich überhaupt auf zwingend durchsetzbare Mitbestimmungsrechte berufen kann, würde diese Haltung der Arbeitgeberseite keine entscheidende Rolle spielen. In anderen Bereichen könnte der Arbeitgeber der Stammbelegschaft eventuell Zugeständnisse machen, um das für seine Flexibilität vermeintlich wichtige Feld der Befristungsverträge ungeregelt zu lassen. Tatsächlich sind Arbeitgeber jedoch gut beraten, wenn sie basierend auf den bestehenden Information- und Beratungsrechten eine entsprechende Vereinbarung mit dem Betriebsrat treffen. Denn spätestens bei der Einstellung, wozu auch Weiterbefristung und Entfristung zählen, müssen sie sich zwingend mit ihren Betriebsräten auseinandersetzen. Eine bereits vorher schriftlich geregelte Informationspolitik im Unternehmen vereinfacht formelle (Einstellungs-)Verfahren und schafft gleichzeitig Vertrauen in der Stammbelegschaft. Noch immer überwiegt insgesamt der Eindruck, dass befristet Beschäftigte hauptsächlich als Personalpuffer eingesetzt werden sollen. Hinweise darauf, dass ei
ne geplante ''Roll-in-Politik'' die Überlegungen steuert und beispielsweise der ''Nachschub'' für das Stammpersonal auf diese Art sinnvoll erprobt wird, liegen nicht vor. Dabei wäre eine solche - relativ sichere Übernahmeperspektive für die meisten Befristeten wünschenswert. Dies wiederum würde sich positiv auswirken: auf die Unternehmenskultur, auf die Motivation der Mitarbeiter etc. Sachgrundbefristete Arbeitnehmer spielen aber in den Vereinbarungen nur eine sehr untergeordnete Rolle. Positiv sticht beispielsweise die befristete Übernahme von Auszubildenden hervor, die nicht unbefristet übernommen werden können. Sich aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis heraus bewerben zu können, ist ein erheblicher Vorteil auf dem Arbeitsmarkt. Ebenso hervorzuheben sind die Bevorzugungen Befristeter bei der Stellenbesetzung innerhalb des Unternehmens. Auch hier finden sich Vereinbarungen, die die Maximaldauer von zwei Jahren Befristungszeit deutlich unterschreitet, wenn es darum geht, diese Angestellten grundsätzlich in unbefristete Stellen zu übernehmen. Deutlich mehr Vereinbarungen als noch vor einigen Jahren legen ausführlich die Auswahlkriterien dar, die bei einer Übernahme in unbefristete Arbeitsverhältnisse herangezogen werden. Nicht besonders ausgeprägt hingegen sind Regelungen, die denjenigen, die nach einer Befristung nicht im Unternehmen (oder zumindest nicht im lokalen Betrieb) weiterbeschäftigt werden können, Möglichkeiten bieten, ihre künftige berufliche Laufbahn besser zu planen: sei es, dass Auszubildende Beihilfen erhalten, um an anderen Standorten Fuß zu fassen, oder dass die Arbeitnehmer vor Befristungsende freigestellt werden, um sich am Arbeitsmarkt zu orientieren. Den vorliegenden Vereinbarungen war nicht zu entnehmen, ob von Arbeitgeberseite vermehrt Anstrengungen unternommen werden, die Befristeten aus Gründen der Gleichbehandlung mehr in die Stammbelegschaft zu integrieren. Nur eine Betriebsvereinbarung thematisiert die Arbeitsbedingungen befristeter Beschäftigter - ohne jedoch auf die Arbeitsbedingungen vergleichbarer unbefristeter Beschäftigter zu verweisen. Ein Hauptaugenmerk der Vereinbarungen liegt erkennbar darauf, Befristungsquoten sowie Konsequenzen bei deren Überschreitung festzulegen: Dies beginnt mit der Wiederholung der bereits gesetzlich in § 20 TzBfG festgelegten Informationspflicht gegenüber dem Betriebsrat bei Quotendurchbrechung, reicht über eine echte Verpflichtung dazu, Quotenüberschreitungen beim Betriebsrat zu beantragen, und endet mit einer ausdrücklich normierten Zustimmungsklausel, wenn die Anzahl der Befristungsbeschäftigten im Unternehmen erhöht werden soll. Zusammenfassend lässt sich festhalten: Die inhaltliche Regelungstiefe und -vielfalt der entsprechenden Vereinbarungen entspricht nicht dem Stellenwert, der den befristet Beschäftigten auf dem Arbeitsmarkt zukommt. Da sich bei einer befristeten Beschäftigung die Unsicherheit in der Lebensplanung auf viele andere Lebensbereiche der Betroffenen auswirkt, sollte weiter daran gearbeitet werden, generelle Regelungen zu schaffen. Nur so wird es gelingen, dass sich die Befristung künftig mehr zu einer Zwischenstation auf dem Weg in die unbefristete Anstellung entwickelt. ArbG Braunschweig, Beschluss vom 03.04.2014 - 5 Ca 463/13 BAG, Urteil vom 09.02.1984, in: BAGE 45, S. 132 ff. BAG, Urteil vom 28.04.1992, in: Arbeit und Recht (AuR), Heft 92, S. 313 BAG, Urteil vom 23.06.1992, in: Betriebs-Berater (BB) 93, S. 289 BAG, Urteil vom 28.04.1998, in: Arbeitsrecht im Betrieb (AiB), Jg. 1999, S. 223 f. BAG, Urteil vom 27.10.2010 - 7 ABR 86/09 BAG, Urteil vom 06.04.2011 - 7 AZR 716/09 BAG, Urteil vom 15.08.2012 - 7 AZR 184/11 BAG, Urteil vom 05.12.2012 - 7 AZR 698/11 BAG, Urteil vom 24.01.2013 - 2 AZR 140/12 BAG, Urteil vom 19.03.2014 - 7 AZR 527/12 BAG, Urteil vom 25.06.2014 - 7 ARZ 847/12 LAG Köln, Urteil vom 09.03.2012 - 4 Sa 1184/11 LAG Hamburg, Beschluss vom 23.09.2014 - 2 TaBV 6/14 EuGH, Urteil vom 17.3.2015 - C-533/13