Erwerbsverläufe von Frauen sind weniger kontinuierlich als die von Männern, denn meist sind sie es, die ihre Erwerbstätigkeit aufgeben oder reduzieren, um die Kindererziehung und/oder die Pflege von Angehörigen zu übernehmen. Ihr beruflicher Wiedereinstieg ist mit vielen Herausforderungen verbunden. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) kann Frauen unterstützen, die nach einer Familienpause wieder berufstätig sein möchten. 2008 waren bei der BA gut 160.000 Frauen als Berufsrückkehrerinnen erfasst. Manche Frauen melden sich nicht bei der BA, obwohl sie dem Arbeitsmarkt prinzipiell zur Verfügung stehen. Sie sind z.B. wegen schlechter Arbeitsmarktlage, Kindererziehung oder Pflegeaufgaben nicht erwerbstätig und zählen zur Stillen Reserve im engeren Sinn. Im Vergleich sind Frauen in der Stillen Reserve älter, häufiger verheiratet als Berufsrückkehrerinnen und leben meist in Westdeutschland. Die Mehrheit in beiden Gruppen hat eine Berufsausbildung. Auf ein Drittel der Frauen trifft dies nicht zu. Ihnen könnten Qualifizierungen beim Wiedereinstieg helfen. Eine wesentliche Voraussetzung für einen erfolgreichen Wiedereinstieg sind vor allem gute Rahmenbedingungen für die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Potenziale für den Arbeitsmarkt Frauen zwischen Beruf und Familie von Kathrin Böhm, Katrin Drasch, Susanne Götz und Stephanie Pausch Immer noch sind es vor allem Frauen, die ihre Erwerbstätigkeit unterbrechen, um Kinder zu erziehen oder Angehörige zu pflegen. Wenn diese Frauen nach der Familienpause wieder berufstätig sein möchten, können sie als Berufsrückkehrerinnen von der Bundesagentur für Arbeit (BA) unterstützt werden. Aber nicht alle melden sich bei ihrer Agentur, viele bleiben in der Stillen Reserve. Wer sind die Rückkehrerinnen und was unterscheidet sie von den Frauen in der Stillen Reserve? Ihre Lebenslagen geben Hinweise darauf, wie die einen besser unterstützt und die anderen für den Arbeitsmarkt gewonnen werden könnten. Die Erwerbstätigenquote von Frauen lag 2008 in Deutschland mit 64 Prozent deutlich über dem OECD-Durchschnitt von 58 Prozent. Bei den 25- bis 54-jährigen Müttern mit zwei oder mehr Kindern war diese Quote mit 56 Prozent jedoch niedriger als der OECD-Durchschnitt von 60 Prozent. Frauen sind also hierzulande seltener erwerbstätig als anderswo, wenn sie mehrere Kinder haben. Zudem hat sich das Arbeitsvolumen der Frauen in den letzten Jahren nicht wesentlich erhöht. Das ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass die Vollzeiterwerbstätigkeit der Frauen in Deutschland zwischen 1991 und 2010 um 20 Prozent zurückgegangen ist und gleichzeitig geringfügige Beschäftigung und Teilzeitarbeit zugenommen haben. Hier bleiben Potenziale ungenutzt, da fast die Hälfte der teilzeitbeschäftigten und zwei Drittel der geringfügig beschäftigten Frauen potenziell länger arbeiten möchten (Wanger 2011). Obwohl die Erwerbsorientierung von Frauen - auch die von Müttern - gestiegen ist, hat sich die Dauer der Erwerbsunterbrechungen nach der Geburt eines Kindes in den letzten Jahrzehnten verlängert. Grund hierfür sind auch familienpolitische Veränderungen, vor allem die schrittweise Verlängerung der gesetzlich garantierten Erziehungszeit (Grunow u. a. 2011). Die Auswirkungen von Erwerbsunterbrechungen sind bekannt: Sie tragen zum geschlechterspezifischen Lohndifferenzial (gender wage gap) bei und wirken sich negativ auf die Weiterbildungsmöglichkeiten und Aufstiegschancen der Frauen aus (Puhani/Sonderhof 2011). Die finanziellen Folgen zeigen sich aber nicht nur direkt mit dem Wiedereinstieg, sondern vor allem auch mittel- und langfristig. Im Alter kumulieren sich die geschlechtsspezifischen Ungleichheiten bei Erwerbsunterbrechungen und Einkommen und resultieren in relativ geringen Rentenansprüchen und einem höheren Armutsrisiko für Frauen (Strauß 2010). Aus gleichstellungs- und arbeitsmarktpolitischer Perspektive ist es daher wichtig, den Wiedereinstieg von Frauen zu fördern und zu unterstützen. Nach einer Erwerbsunterbrechung wieder in den Arbeitsmarkt zurückzukehren, bringt vielfältige Herausforderungen mit sich. Bei einem beruflichen Wiedereinstiegsprozess müssen Betreuungs- und Haushaltsarbeit in der Familie neu organisiert werden. Das Angebot an öffentlicher Kinderbetreuung ist immer noch unzureichend und zeitlich unflexibel, sodass vor allem der Organisation der Kinderbetreuung eine zentrale Bedeutung zukommt (Wrohlich 2006). Zwar hat sich die Situation hinsichtlich der Kinderbetreuung in den letzten Jahren deutlich verbessert und Frauen kehren häufiger und früher in den Beruf zurück. Aus unterschiedlichen Gründen handelt es sich dabei allerdings oft um eine Teilzeitstelle (Vogel 2009). Ein Teil der Frauen geht aber über Jahre hinweg keiner regulären Erwerbstätigkeit mehr nach und zieht sich in die Stille Reserve zurück. Von den Frauen, die wieder aktiv werden, meldet sich ein Teil bei der BA und kann als Berufsrückkehrerin bes
ondere Unterstützung erhalten. Worin unterscheiden sich die Frauen, die als Berufsrückkehrerinnen gemeldet sind, von Frauen, die in der Stillen Reserve verbleiben? Was haben die beiden Gruppen gemeinsam? Welche Schlussfolgerungen lassen sich aus den strukturellen Unterschieden und Gemeinsamkeiten ziehen, um die Frauen aus der Stillen Reserve für den Arbeitsmarkt zu gewinnen? Und wie können Frauen unterstützt werden, wenn sie wieder eine Erwerbstätigkeit aufnehmen? Die folgende Analyse soll darüber Aufschluss geben. Berufsrückkehrerinnen Frauen, die sich nach einer längeren familienbedingten Erwerbsunterbrechung aufgrund von Pflegeaufgaben oder Kinderbetreuung bei der BA arbeitslos oder arbeitsuchend melden, können den Status einer Berufsrückkehrerin erhalten (vgl. Infokasten auf Seite 5). Die entsprechenden Fördermöglichkeiten stehen im Prinzip auch Männern offen. Da jedoch nur etwa zwei Prozent aller Berufsrückkehrer Männer sind, werden diese bei den nachfolgenden Ausführungen und Analysen nicht berücksichtigt. Die Informationen zu den Berufsrückkehrerinnen werden aus den Daten der BA-Statistik gewonnen (vgl. Infokasten auf Seite 6): 2008 waren durchschnittlich 163.000 Berufsrückkehrerinnen gemeldet. Von diesen waren rund zwei Drittel arbeitslos und ein Drittel arbeitsuchend gemeldet.1 Frauen in der Stillen Reserve Nicht wenige Frauen kehren nach Ablauf der gesetzlichen Elternzeit nicht mehr in die Erwerbstätigkeit zurück, obwohl sie grundsätzlich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen könnten (Eurostat 2009). Häufig ist eine angespannte Arbeitsmarktsituation der Grund, warum sie die Familienphase verlängern. Wenn diese Frauen sich nicht arbeitslos melden, aber beispielsweise bei einer Verbesserung der wirtschaftlichen Lage beruflich wiedereinsteigen möchten, zählen sie zur sogenannten Stillen Reserve. Hierzu gehören auch die entmutigten Arbeitskräfte (discouraged workers), welche die aktive Arbeitsuche aufgegeben haben, da sie sich keine Chancen auf dem Arbeitsmarkt ausrechnen. Das IAB-Konzept unterscheidet die Stille Reserve in Maßnahmen und die Stille Reserve im engeren Sinn (Fuchs/Weber 2010). Die Stille Reserve in Maßnahmen umfasst Personen in bestimmten arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen wie die der beruflichen Fort- und Weiterbildung sowie Personen im Vorruhestand. In der folgenden Untersuchung beschränken wir uns auf die Stille Reserve im engeren Sinn, die in der amtlichen Statistik nicht erfasst ist. Ausschlaggebend für diese Definition der Stillen Reserve sind verschiedene Kombinationen der drei Merkmale: Arbeitswunsch, aktive Arbeitsuche und Verfügbarkeit innerhalb von zwei Wochen. Die Stille Reserve im engeren Sinn setzt sich demnach aus drei Gruppen nicht erwerbstätiger Personen zusammen: Gruppe 1: Personen, die grundsätzlich einen Arbeitswunsch haben, aktiv nach Arbeit suchen, aber dem Arbeitsmarkt nicht innerhalb von zwei Wochen zur Verfügung stehen. Während der bezahlten Elternzeit und der anschließenden unbezahlten Freistellung gelten Frauen und Männer für bis zu drei Jahre pro Kind weiterhin als Beschäftigte und können sich bei der BA arbeitsuchend melden. Gruppe 2: Personen, die ebenfalls einen Arbeits wunsch haben, jedoch nicht aktiv nach Arbeit suchen, aber innerhalb von zwei Wochen verfügbar wären. Eine Teilgruppe hiervon bilden die entmutigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Gruppe 3: Personen, die keinen Arbeitswunsch haben und nicht aktiv nach Arbeit suchen, aber innerhalb von zwei Wochen verfügbar wären (Böhm 2011). Die hier beschriebene Stille Reserve ist sehr eng definiert. Dieser Gruppe kann Arbeitsmarktnähe unterstellt werden, da mindestens eine der drei Voraussetzungen auf sie zutreffen muss: Arbeitswunsch, aktive Arbeitsuche oder Verfügbarkeit innerhalb von zwei Wochen. Frauen, die sich bewusst gegen die Erwerbstätigkeit entschieden haben, um sich der Kindererziehung und/oder Pflegeaufgaben zu widmen, zählen z.B. in diesem Konzept nicht zur Stillen Reserve, da keine der drei genannten Voraussetzungen auf sie zutrifft. Der Umfang der Stillen Reserve wird mithilfe der aktuellen Version des Mikrozensus berechnet (vgl. Infokasten auf Seite 6). Unsere Analyse zeigt für das Jahr 2008, dass die Stille Reserve im engeren Sinn ca. 434.000 Frauen und Männer umfasst. Der Frauenanteil unter den 15- bis 64-Jährigen in der Stillen Reserve liegt bei 68,2 Prozent. Dies entspricht ca. 296.000 Frauen.2 Im Unterschied zu den Frauen in der Stillen Reserve sind die Berufsrückkehrerinnen also bereits sichtbar geworden und nehmen die Unterstützung der BA in Anspruch. Der folgende Vergleich der beiden Gruppen3 liefert Informationen zu deren Struktur und gibt Hinweise darauf, was einer Rückkehr auf den Arbeitsmarkt entgegensteht und wie die Frauen insbesondere in der Stillen Reserve erreicht und beim Wiedereinstieg unterstützt werden könnten. Struktur der Stillen Reserve und der Berufsrückkehrerinnen Ost/West-Verteilung Drei Viertel d
er Frauen in der Stillen Reserve leben in den alten und ein Viertel in den neuen Bundesländern. Dagegen sind mehr als 40 Prozent der Berufsrückkehrerinnen in den neuen Bundesländern gemeldet. Mögliche Gründe für den hohen Anteil ostdeutscher Frauen bei den Berufsrückkehrerinnen könnten der frühere Erwerbswunsch nach der Geburt des Kindes oder auch ein unterschiedliches Meldeverhalten sein. Zum Vergleich: Der Anteil der ostdeutschen Frauen an allen sozialversicherungspflichtig beschäftigten Frauen beträgt nur 20 Prozent. Alter Insgesamt sind gemeldete Berufsrückkehrerinnen hauptsächlich in den Altersgruppen der 25- bis 44-Jährigen vertreten (84%), wobei es deutliche Ost/West-Unterschiede gibt (vgl. Abbildung 1). Im Westen sind überwiegend 35- bis 44-jährige Frauen als Berufsrückkehrerinnen gemeldet, im Osten sind es meist die 25- bis 34-jährigen Frauen. Altersstruktur der Berufsrückkehrerinnen und der Frauen in der Stillen Reserve im Vergleich zu allen Frauen Deutschland insgesamt (Grafik) sowie West und Ost, Anteile in Prozent Allmendinger (2010) weist für das Jahr 2005 insgesamt 5,6 Millionen nicht erwerbstätige Frauen im Alter von 25 bis 59 Jahren aus, die sich nicht in Ausbildung oder Studium befinden. Darin sind alle Frauen erfasst, unabhängig davon, ob sie prinzipiell dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen oder nicht. Zahlen zu Männern werden hier nicht ausgewiesen. Um eine Überschneidung arbeitsloser und arbeitsuchender Frauen in der Stillen Reserve mit den Berufsrückkehrerinnen zu vermeiden, wurden bei der Stillen Reserve die Frauen ausgeschlossen, die bei der BA gemeldet sind. Berufsrückkehrerinnen sind häufiger alleinerziehend als Frauen in der Stillen Reserve Berufsrückkehrerinnen In der Stillen Reserve ist dagegen ein Großteil der Frauen zwischen 55 und 64 Jahre alt (33%). So geben ältere verheiratete Frauen ihre Erwerbstätigkeit bspw. häufig auf, wenn sie die Pflege von Angehörigen übernehmen (vgl. Schneider/Drobni/Blossfeld 2001). Der hohe Anteil in den älteren Kohorten ist in Westdeutschland wahrscheinlich auch darauf zurückzuführen, dass hier die traditionellen Rollenmuster - und damit die Hausfrauenehen - noch stärker verbreitet sind. Hintergrund für den hohen Anteil in Ostdeutschland in der Altersgruppe 55 bis 64 Jahre (46%) könnte sein, dass die Chancen auf dem Arbeitsmarkt für Ältere im Osten weit schlechter sind als im Westen. Insbesondere bei den älteren Frauen in der Stillen Reserve dürfte aufgrund der längeren Erwerbsunterbrechung zudem berufliches Wissen veraltet sein. Vermutlich konnte ein Teil der älteren ostdeutschen Frauen nach der Wiedervereinigung auf dem Arbeitsmarkt nie richtig Fuß fassen. Frauen in der Stillen Reserve sind häufig verheiratet, nur wenige sind ledig, geschieden oder verwitwet (vgl. Tabelle 1).4 Insgesamt ist der Anteil verheirateter Frauen in der Stillen Reserve (69%) höher als ihr Anteil an der gesamten Bevölkerung (56%). Die finanzielle Versorgung durch den Ehepartner ist ein Grund dafür, dass verheiratete Frauen häufig nicht am Arbeitsmarkt partizipieren. Schließlich ist in (West-)Deutschland das männliche Ernährermodell noch immer dominant, sodass meist die Frauen ihre Erwerbstätigkeit wegen Kindererziehung oder Pflege reduzieren bzw. unterbrechen. Institutionelle Regelungen unterstützen diese kulturelle Prägung zusätzlich, wie bspw. das Ehegattensplitting, also die gemeinsame Besteuerung von Ehepartnern, die zu deutlichen Steuervorteilen führt (Hummelsheim 2009). In den meisten Haushalten von Frauen in der Stillen Reserve leben keine Kinder unter 15 Jahren (67%, vgl. Tabelle 2): In Ostdeutschland trifft dies für 78 Prozent zu und in Westdeutschland für 65 Prozent. Eine Erklärung dafür ist, dass zur Stillen Reserve sehr viele ältere Frauen zählen. Ein Teil dieser Frauen ist möglicherweise auch für die Pflege Angehöriger verantwortlich und verweilt daher in der Stillen Reserve. Mit Blick auf die Alterung der alle Frauen Für die Berufsrückkehrerinnen liegen in den BA-Daten keine Informationen zum Familienstand vor, sondern lediglich Informationen zum Merkmal Alleinerziehend (Ja/Nein). Gesellschaft und dem damit verbundenen Anstieg der Zahl von pflegebedürftigen Personen wird diesem Aspekt künftig eine noch größere Bedeutung zukommen. Denn etwa 68 Prozent aller Pflegebedürftigen (1,54 Mio.) werden zu Hause betreut (Statistisches Bundesamt 2008). Diese Aufgaben übernehmen hauptsächlich Frauen, die entweder zuvor nicht erwerbstätig waren oder ihre Erwerbstätigkeit aufgeben mussten, da die Pflege mit zunehmendem Aufwand immer schwerer mit dem Beruf zu vereinbaren ist (BMFSFJ 2011). Im Vergleich zu Frauen in der Stillen Reserve sind gemeldete Berufsrückkehrerinnen häufiger alleinerziehend (vgl. Abbildung 2). Ein möglicher Grund hierfür könnte sein, dass für Alleinerziehende die eigene Erwerbstätigkeit häufig zur Sicherung des Familieneinkommens notwendig ist und sie deshalb de
n Zugang zum Arbeitsmarkt suchen und sich bei der BA melden (Lietzmann 2010). Zudem könnte die Neuregelung des Unterhaltsrechts nach Scheidung 2008 zu Veränderungen im Erwerbsverhalten von Frauen geführt haben. Seit diesem Zeitpunkt wird eine frühere eigenständige Existenzsicherung von Frauen und damit eine frühere Rückkehr auf den Arbeitsmarkt nach einer Scheidung gefordert. Frauen in der Stillen Reserve sind häufig finanziell vom Ehemann abgesichert und daher nicht auf ein eigenes Einkommen angewiesen. sehr gering (3%). Das deutet darauf hin, dass Akademikerinnen bei der Berufsrückkehr die Hilfe der BA kaum in Anspruch nehmen (müssen). Möglicherweise haben sich der Arbeitsmarkt und die Anforderungsstrukturen während der Zeit, in der die Frauen nicht erwerbstätig waren, verändert. Das vor der Erwerbsunterbrechung erlangte Wissen aus der beruflichen Ausbildung, dem Studium bzw. der Qualifikation Frauen in der Stillen Reserve verfügen mehrheitlich (54%) über einen beruflichen Bildungsabschluss (vgl. Abbildung 3). Bei den Berufsrückkehrerinnen liegt dieser Anteil mit 66 Prozent deutlich höher, auch im Vergleich zu allen Frauen im erwerbsfähigen Alter, die einen Berufsabschluss besitzen (58%). Zudem haben etwa 36 Prozent der Frauen in der Stillen Reserve und 30 Prozent der Berufsrückkehrerinnen keine abgeschlossene Berufsausbildung. Im Vergleich dazu liegt dieser Anteil bei allen Frauen in Deutschland bei 28 Prozent. Dabei sind es hauptsächlich Frauen aus Westdeutschland, die gering qualifiziert sind. Bei den Berufsrückkehrerinnen (4%) wie bei der Stillen Reserve (10%) liegt der Anteil der Frauen mit einem akademischen Abschluss unter dem gesamtdeutschen Durchschnitt von 14 Prozent. Ostdeutsche Frauen sind sowohl insgesamt (21%) als auch in der Stillen Reserve (15%) öfter hoch qualifiziert. Der Anteil mit akademischer Ausbildung bei den ostdeutschen Berufsrückkehrerinnen ist im Vergleich Abweichungen von 100 Prozent durch Runden der Zahlen. Die Daten zu den Berufsrückkehrerinnen beziehen sich auf das Jahr 2009, da für 2008 keine Daten vorliegen. Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit, Auswertungen aus dem Data-Warehouse der BA, Mikrozensus 2008, eigene Berechnungen. Frauen und Männer erhalten bei der BA den Status Berufsrückkehrer/-in, wenn sie ihre Erwerbstätigkeit, Arbeitslosigkeit oder betriebliche Berufsausbildung aufgrund von Betreuung und Erziehung aufsichtsbedürftiger Kinder bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres oder der Betreuung pflegebedürftiger Angehöriger mindestens ein Jahr unterbrochen haben und spätestens ein Jahr nach Wegfall der Betreuungs- oder Pflegeaufgaben wieder in die Erwerbstätigkeit zurückkehren wollen. Nach dem Sozialgesetzbuch (§ 8b SGB III) sollen Berufsrückkehrer/-innen die zu ihrer Rückkehr in die Erwerbstätigkeit notwendigen Leistungen der aktiven Arbeitsförderung erhalten. Dazu gehören insbesondere Beratung und Vermittlung sowie die Förderung der beruflichen Weiterbildung. Nicht alle Personen, die einen Wiedereinstieg planen, erhalten bei der BA den Status Berufsrückkehrer/-in, da die Eingabe des Merkmals nicht verpflichtend ist. beruflichen Tätigkeit ist oftmals nicht mehr aktuell und muss vor dem beruflichen Wiedereinstieg aufgefrischt werden (Kunze 2002). Hier könnten Weiterbildungen, Ausbildungen und Umschulungen dazu beitragen, den Wiedereintritt in die Erwerbstätigkeit zu ermöglichen bzw. zu erleichtern. Bei den Arbeitszeitwünschen von Berufsrückkehrerinnen gibt es immer noch deutliche Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland (vgl. Abbildung 4).5 In Westdeutschland bevorzugen 72 Prozent der Frauen eine Teilzeitstelle, wohingegen es in Ostdeutschland nur 19 Prozent sind. Zum einen dürften die Unterschiede darauf zurückzuführen sein, dass das Betreuungsangebot gerade für Kleinkinder in Ostdeutschland immer noch deutlich bes In der Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) werden Daten über Berufsrückkehrerinnen erfasst, die sich arbeitslos oder arbeitsuchend gemeldet haben. Diese anonymisierten Daten ermöglichen Auswertungen z.B. zur Anzahl und Struktur der Berufsrückkehrerinnen. Die Datenbasis ist allerdings begrenzt auf wenige zentrale Merkmale, die auch für die Vermittlung relevant sind. Der Familienstand oder die Zahl der Kinder z.B. gehören nicht dazu. Der Mikrozensus wird in Westdeutschland seit 1957 und in Ostdeutschland seit 1991 erhoben. Die amtliche, auskunftspflichtige Befragung erfolgt bei einem Prozent der Privathaushalte in Deutschland. Weiterhin ist die Europäische Arbeitskräfteerhebung als Ergänzungsprogramm im Mikrozensus integriert, welche Auswertungen zu arbeitsmarktökonomischen Fragestellungen ermöglicht. Der hier verwendete Mikrozensus Scientific Use File 2008 ist faktisch anonymisiert und erfasst 70 Prozent der eigentlichen Mikrozensusstichprobe. Eine aktuellere Version ist derzeit noch nicht als Scientific-Use-File verfügbar. Besser ausgebaut ist als im Westen. Hier is
t das Angebot an Krippen- und Hortplätzen nicht nur größer, sondern meist auf Ganztagsbetreuung ausgelegt - was die Wiederaufnahme einer Vollzeittätigkeit überhaupt erst möglich macht. Zum anderen führt die aus DDR-Zeiten nachwirkende positivere Einstellung zur Erwerbstätigkeit von Müttern dazu, dass diese ihre Berufstätigkeit wegen Familienaufgaben nur selten für einen längeren Zeitraum unterbrechen. Daneben spielen ökonomische Gründe für Frauen in Ostdeutschland bei der Entscheidung für eine Vollzeitstelle wahrscheinlich eine wichtige Rolle, da mit einer Teilzeitstelle die finanzielle Absicherung der Familie häufig nicht garantiert werden kann. Auch aufgrund des höheren Arbeitslosigkeitsrisikos von Männern ist die Vollzeiterwerbstätigkeit von Frauen in Ostdeutschland vermutlich von größerer Bedeutung als im Westen. In Bezug auf Arbeitszeitwünsche und damit auch auf die realisierten Arbeitszeiten gibt es folglich insbesondere in Westdeutschland noch Potenziale (Wanger 2011). Um diese nutzen zu können, ist neben dem Ausbau der Kinderbetreuung auch ein Überdenken gesellschaftlicher Rollenbilder erforderlich. Denn noch immer findet die traditionelle Arbeitsteilung zwischen Männern und Frauen vor allem in Westdeutschland Zustimmung. Eine Vollzeiterwerbstätigkeit von Müttern wird eher skeptisch gesehen (Scheuer/Dittmann 2007). Im Jahr 2008 waren etwa 160.000 Frauen zwischen 15 und 64 Jahren bei der BA als Berufsrückkehrerin gemeldet. Diese Frauen möchten nach einer familienbedingten Erwerbsunterbrechung wieder erwerbstätig sein und haben sich bereits Unterstützung für ihr Vorhaben gesucht. Weitere knapp 300.000 Frauen, die nicht bei der BA arbeitsuchend oder arbeitslos gemeldet sind, gehörten zur sogenannten Stillen Reserve im engeren Sinn. Diese Frauen stellen eine Teilgruppe des Erwerbspersonenpotenzials dar, das z.B. zur Deckung des Fachkräftebedarfs genutzt werden könnte. Weiteres Potenzial steht in dem hier nicht untersuchten Teil der Nichterwerbspersonen bereit. Diese Gruppe artikuliert allerdings keinen Arbeitswunsch bzw. sucht nicht aktiv nach Arbeit und Für die Stille Reserve sind im Mikrozensus keine Angaben zu den Arbeitszeitwünschen verfügbar. steht dem Arbeitsmarkt nicht unmittelbar zur Verfügung. Dadurch dürfte diese Gruppe für den Arbeitsmarkt schwerer und nur mit größerem Aufwand zu aktivieren sein als die Stille Reserve. Unsere empirischen Analysen der Berufsrückkehrerinnen und der Stillen Reserve zeigen, dass sich die beiden Gruppen zum Teil unterscheiden: So sind die Frauen in der Stillen Reserve älter als die Berufsrückkehrerinnen, mehrheitlich verheiratet und leben meist in Westdeutschland. Dagegen ist ein Großteil der Berufsrückkehrerinnen jünger und alleinerziehend. Das lässt vermuten, dass sich Frauen nach einer Erwerbsunterbrechung heute schneller um einen Wiedereinstieg ins Erwerbsleben bemühen. Alleinerziehende sind zudem zur Sicherung des Lebensunterhalts häufig auf die eigene Erwerbstätigkeit angewiesen. Hinzu kommt, dass sie gemäß dem neuen Unterhaltsrecht nach einer Scheidung nun auch eher darauf verwiesen werden. Neben diesen Unterschieden haben Frauen in der Stillen Reserve und Berufsrückkehrerinnen auch vieles gemeinsam: Die Mehrheit hat eine berufliche Ausbildung. Ein Teil der Frauen in der Stillen Reserve sowie der Berufsrückkehrerinnen ist jedoch gering qualifiziert und verfügt über keine abgeschlossene Ausbildung. Hier könnten Maßnahmen zu einer gezielten Nachqualifizierung unterstützend wirken. Aber auch Frauen mit Ausbildung, die ihre Erwerbstätigkeit für viele Jahre unterbrochen haben, sind oft auf spezifische Weiterbildungen zur Aktualisierung des Wissens angewiesen. Die BA scheint in erster Linie diejenigen zu erreichen, die aufgrund finanzieller Notwendigkeit schnell wieder einsteigen müssen. Um Personalreserven zu erschließen, könnte man darüber hinaus die Stille Reserve und andere Nichterwerbspersonen vermehrt auf Unterstützungsangebote aufmerksam machen und so deren (Re-)Integration in den Arbeitsmarkt erleichtern. Dieses ist eines der Ziele des Modellprogramms Perspektive Wiedereinstieg (vgl. Infokasten rechts). Die Arbeitszeitwünsche von Berufsrückkehrerinnen machen deutlich, dass vor allem die Rahmenbedingungen für eine gute Vereinbarkeit von Familienaufgaben und Erwerbstätigkeit noch verbessert werden müssen. Die Kinderbetreuungssituation ist insbesondere in Westdeutschland nicht ausreichend. Dies zeigt auch der hohe Anteil westdeutscher Frauen, die eine Teilzeiterwerbstätigkeit präferieren. Frauen und Männern sollte es gleichermaßen möglich sein, neben Kindererziehung und Pflege von Familienangehörigen ihren Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit eigenständig zu sichern. Besonders unter Gleichstellungsgesichtspunkten ist ein beruflicher Wiedereinstieg von zentraler Bedeutung, weil sich Frauen dadurch für das Alter eigenständig finanziell absichern können. Von staatlicher Seit
e könnten vermehrt Anreize für die zumindest vollzeitnahe Erwerbstätigkeit von verheirateten Frauen gesetzt werden. Dazu beitragen würden zum Beispiel die Abschaffung des Ehegattensplittings und der spürbare Abbau steuerlicher Begünstigungen für geringfügige Erwerbstätigkeit. Daneben wären auch die Einrichtung kostengünstiger Kinderkrippen- bzw. Kindergartenplätze und der Ausbau von Ganztagsschulen wichtig. Auch müssten sich die Arbeitgeber besser darauf einstellen, dass Mütter und Väter neben dem Beruf Betreuungsaufgaben bewältigen müssen. Die Flexibilisierung von Arbeitszeiten, die Möglichkeit auch von zu Hause aus zu arbeiten oder eine Kinderbetreuung im Betrieb sind dafür geeignete Angebote. Daneben muss aber auch ein Umdenken der Personalverantwortlichen in Unternehmen erfolgen, indem beispielsweise die vorherrschende Überstunden- und Anwesenheitskultur kritisch hinterfragt wird. Das Aktionsprogramm Perspektive Wiedereinstieg Das Modellprogramm Perspektive Wiedereinstieg erprobt innovative Ansätze zur nachhaltigen Vermittlung von Wiedereinsteigerinnen in das Erwerbsleben. An 20 Modellstandorten bundesweit erhalten sie bedarfsgerechte Beratung und Unterstützung, die auch Aspekte des Wiedereinstiegs, wie die Organisation der Kinderbetreuung, die Herstellung von Kontakten zu potenziellen Arbeitgebern und die Einbeziehung des Partners, berücksichtigt. Das mit Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) geförderte Modellprogramm des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und der BA ist für Frauen und Männer konzipiert, die familienbedingt mindestens drei Jahre aus der Erwerbsarbeit ausgestiegen sind. Die Zielgruppe des Programms ist also nicht nur die Stille Reserve im engeren Sinn (vgl. Fuchs/Weber 2010). Das Programm startete im Jahr 2009, ab März 2012 bis Ende 2013 schließt eine zweite Programmphase an. Das Modellprogramm ist Teil des gleichnamigen Aktionsprogramms Perspektive Wiedereinstieg, das verschiedene Projekte und Initiativen unter einem Dach bündelt, wie z.B. das Lotsenportal www.perspektive-wiedereinstieg.de, das konkrete Informationen zum Wiedereinstieg und zu Unterstützungsangeboten vor Ort bereithält. Böhm, Kathrin (2011): Schätzung der Stillen Reserve mit dem Mikrozensuspanel 2001-2004: Eine Machbarkeitsstudie. IAB-Forschungsbericht Nr. 2. Eurostat (2009): Reconciliation between work, private and family life in the European Union. Luxembourg. Fuchs, Johann, Weber, Brigitte (2010): Umfang und Struktur der westdeutschen Stillen Reserve. Aktualisierte Schätzungen. IAB-Forschungsbericht Nr. 11. Hummelsheim, Dina (2009): Die Erwerbstätigkeit von Müttern: Institutionelle Steuerung oder kulturelle Prägung? Wiesbaden: VS Verlag. Grunow, Daniela, Aisenbrey, Silke, Evertsson, Marie (2011): Familienpolitik, Bildung und Berufskarrieren von Müttern in Deutschland, USA und Schweden. In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Jg. 63, S. 395-430. Kunze, Astrid (2002): The timing of careers and human capital depreciation. IZA Discussion Paper No. 509. Lietzmann, Torsten (2010): Zur Dauer der Bedürftigkeit von Müttern. Dauer des Leistungsbezugs im SGB II und Ausstiegschancen. IAB-Discussion Paper Nr. 8. Puhani, Patrick, Sonderhof, Katja (2011): The Effects of Parental Leave on Training for Young Women. In: Journal of Population Economics, Jg. 24, H. 2, S. 731-760. Scheuer, Angelika, Dittmann, Jörg (2007): Berufstätigkeit von Müttern bleibt kontrovers. Einstellungen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf in Deutschland und Europa. In: Informationsdienst Soziale Indikatoren. Ausgabe 38, S. 1-5. Schneider, Thorsten, Drobni, Sonja, Blossfeld, Hans-Peter (2001): Pflegebedürftige Personen im Haushalt und das Erwerbsverhalten verheirateter Frauen. In: Zeitschrift für Soziologie, Jg. 30, H. 5, S. 362-383. Statistisches Bundesamt (2008): Pflegestatistik 2007. Pflege im Rahmen der Pflegeversicherung. Deutschlandergebnisse. Wiesbaden. Strauß, Susanne (2010): Familienunterbrechungen im Lebensverlauf als Ursache kumulativer Geschlechterungleichheiten. In: Bolder, Axel, Epping, Rudolf, Klein, Rosemarie, Reutter, Gerhard, Seiverth, Andreas: Neue Lebenslaufregimes - neue Konzepte der Bildung Erwachsener?, S. 89-104. Vogel, Claudia (2009): Teilzeitbeschäftigung - Ausmaß und Bestimmungsgründe der Erwerbsübergänge von Frauen. In: Zeitschrift für ArbeitsmarktForschung, Jg. 42, H. 2, S. 170-181. Wanger, Susanne (2011): Ungenutzte Potenziale in der Teilzeit: Viele Frauen würden gerne länger arbeiten. IAB-Kurzbericht Nr. 9. Wrohlich, Katharina (2006): Labor supply and child care choices in a rationed child care market. IZA Discussion Paper No. 2053