Porträts von Männern im Aufbruch Väter und Elternzeit in Deutschland Häusliche Pflege - wer pflegt in Deutschland? Allein erziehende Väter in Deutschland Väterorientierte Personalpolitik in der Wirtschaft Karriere und Familie: Männer und Frauen wollen beides Zeitmuster und Arbeitsteilung Während die Rolle der Frauen schon seit langem Gegenstand öffentlicher und immer wieder auch kontroverser Debatten ist, bleibt die Perspektive der Männer oftmals unterbelichtet. Dabei prägen Wertewandel, Individualisierung und die steigende Erwerbstätigkeit von Frauen unsere Gesellschaft nachhaltig. Wie nehmen Männer diese Veränderungen wahr? Wie reagieren sie darauf? Wie integrieren sie diese in ihren Alltag? Mit dem vorliegenden Porträtband wollen wir der Frage nachgehen, wie Männer heute in Deutschland leben: Wie meistern sie Veränderungen und Herausforderungen in Familie, Beruf und Partnerschaft? Was motiviert Männer, wenn sie sich jenseits der traditionellen Geschlechterrollen auf neue Rollen und Aufgaben einlassen? Welche Erfahrungen sammeln sie in ihrem persönlichen und beruflichen Umfeld? Der vorliegende Band ist keine wissenschaftliche Studie, wiewohl Erkenntnisse aus der sozialwissenschaftlichen und psychologischen Forschung eingeflossen sind. Die vorliegenden sieben Porträts sind vielmehr Momentaufnahmen aus dem deutschen Alltag. Aber diese Momentaufnahmen setzen doch überraschend deutlich Signale dafür, dass Veränderungsprozesse in Gang gekommen sind - auch wenn diese zunächst nur untergründig wirken mögen. Wie es so ist mit den ''stillen Revolutionen'': Zunächst gibt es nur wenige Anzeichen, gestaltet sich die Spurensuche schwierig. An die Oberfläche bzw. an die Öffentlichkeit dringt davon wenig. Hier scheint noch alles beim Alten, erscheinen die Strukturen und Verhältnisse unverrückt und unverrückbar. Und doch kündigen sich auf kaum merkbare Weise kleine und größere Umwälzungen an. Wir haben uns also auf Spurensuche begeben. Wir sind in großstädtischen Metropolen ebenso fündig geworden wie in kleinen Orten mitten auf dem Land. Es dauerte seine Zeit, diese Männer aufzuspüren. Bisweilen war es sehr leicht, bisweilen schwierig, sie davon zu überzeugen, sich öffentlich beschreiben zu lassen. Aber am Ende stimmten sie zu, weil es ihnen wichtig war, ihre Erfahrungen weiter zu geben und ein Stück weit zum Wandel der Männerrolle(n) beizutragen. Wobei es bei diesem Wandel aus unserer Sicht nicht darum geht, ein neues Modell festzuschreiben, sondern neue Optionen zu eröffnen - für Frauen wie für Männer. Es geht um eine neue Balance im Geschlechterverhältnis und um eine neue Balance im Dreieck zwischen Beruf, Familie und Partnerschaft. Es geht um die Ausschöpfung von Potenzialen und um die Erweiterung individueller Spielräume, die heute in Deutschland noch vielfach durch institutionelle Regelungen, u.a. im Sozial- und Steuerrecht, beeinträchtigt werden. Eine große Rolle spielt die Arbeitswelt, in der zwar zunehmend flexible und familienfreundliche Arbeitsstrukturen Einzug halten, aber in der die gängigen Karrieremuster immer noch am Modell des männlichen Alleinernährers ausgerichtet sind. Wenn, dann sind die Adressaten von familienfreundlichen Maßnahmen in erster Linie die Frauen bzw. Mütter, aber nicht die Väter. Besonders wichtig war uns, dass bei den porträtierten Männern unterschiedliche Berufe, Arbeitszeitmodelle und Lebenssituationen ihren Platz haben wie auch unterschiedliche persönliche und kulturelle Hintergründe. Denn es geht uns nicht darum, Vorzeige-Männer zu kreieren, sondern wir wollen Männer in unterschiedlichen Kontexten vorstellen, die sich in der einen oder anderen Form auf ungewohnte oder nicht-traditionelle Arrangements eingelassen haben. In diesem Sinne können sie Vorbilder für andere Männer sein, die sich ihrerseits auf den Weg machen wollen. Denn es lohnt sich: Jeder, der hier porträtierten Männer strahlt in besonderem Maße Selbstsicherheit und persönliche Zufriedenheit aus. Sie sind davon überzeugt, ein höheres Maß an Lebensqualität erreicht zu haben, als wenn sie sich auf das gängige Entweder-Oder von Beruf oder Familie eingelassen hätten. Ihnen ist ihr Beruf wichtig, aber die Partnerschaft und die Kinder bilden den Kern, das Fundament. Das Spannende an diesen Männern ist: Sie vermitteln glaubhaft, dass sich der Weg und der Einsatz lohnen. Es sind nach den gängigen gesellschaftlichen Maßstäben durchaus erfolgreiche Männer. Aber im (materiellen) Erfolg allein besteht nicht ihr Lebenssinn. Was kennzeichnet diese Männer? Lassen sich Muster jenseits der individuellen Unterschiede erkennen? Zunächst: Es sind Männer, die große Gelassenheit und Selbstsicherheit ausstrahlen. Sie trafen in ihrem beruflichen wie persönlichen Umfeld zum Teil auch auf Unverständnis und Widerstände gegenüber ihrem Lebensmodell. Sie haben sich davon nicht beirren lassen. Sie haben zum Teil auch schwierige Zeiten hinter sich. Nicht immer
war es einfach, die eingeschlagene Richtung beizubehalten. Aber sie sind überzeugt, dass es die richtige Richtung ist. Es sind Männer, die eine selbstständige und starke Partnerin zu schätzen wissen. Sie unterstützen die Karrieren ihrer Partnerinnen und haben durchaus rational entschieden, dass das Familieneinkommen auf die Dauer besser gesichert ist oder kräftiger steigt, wenn die Partnerin im Beruf bleibt und man selbst zum Beispiel in Teilzeit geht. Und ihr Selbstwertgefühl ist dadurch nicht angeknackst. Nachdrücklich unterstreichen diese Befunde die Ergebnisse der Studie ''Karrierek(n)ick Kin der'', welche die EAF (Europäische Akademie für Frauen in Politik und Wirtschaft) über Mütter in Führungspositionen im Auftrag der Bertelsmann Stiftung im vergangenen Jahr durchgeführt hat. Eines der zentralen Ergebnisse der Studie - dass beruflich erfolgreiche Mütter Partner haben, die sie nicht nur moralisch, sondern auch in den praktischen Dingen der Haushaltsführung und der Kinderbetreuung in außergewöhnlicher Weise unterstützen - motivierte uns nicht zuletzt für den vorliegenden Band. Schließlich sind es Männer, von denen einige in ihrem beruflichen Umfeld durchgesetzt haben, in reduziertem Umfang und/oder flexibel im Home Office zu arbeiten. Wobei es in den kleinen, eigentümergeführten Firmen leichter zu sein scheint, zu neuen Arrangements zu kommen als in den großen Konzernen. Man kennt sich, man schätzt sich, möglicherweise ist auch die innerbetriebliche Konkurrenz nicht so groß, als dass ein Mann als Weichei gemobbt werden könnte, wenn er z.B. Elternzeit nimmt