Restschuldbefreiung eine Chance für redliche Schuldner Ein Überblick über das Verbraucherinsolvenzverfahren und die Restschuldbefreiung nach der Insolvenzordnung Viele Verbraucherinnen und Verbraucher haben Schulden. Das ist solange nicht problematisch, wie ein regelmäßiges Einkommen oder vorhandenes Vermögen zur Schuldentilgung eingesetzt werden können. Was aber, wenn der sicher geglaubte Job verloren geht oder wenn sich die persönlichen Lebensumstände durch Trennung oder Tod der Partnerin/des Partners verändern und damit der soziale und wirtschaftliche Halt entgleitet? In diesen Fällen kann es leicht passieren, dass eine Verschuldung in eine Überschuldung führt und die Schulden am Ende nicht mehr bedient werden können. Es droht der soziale Abstieg mit oft dramatischen Folgen für den Einzelnen. Gegen diese ''Abwärtsspirale'' bietet die Insolvenzordnung einen Ausweg: der Gang in die Insolvenz und die damit verbundene Möglichkeit der sogenannten Restschuldbefreiung für alle redlichen Schuldner. ''Insolvenz anmelden'' mag für manche zunächst abschreckend klingen, weil darin möglicherweise ein ''endgültig gescheitert sein'' gesehen wird. Das versperrt hingegen den Blick auf die mit dem Gang in die Insolvenz verbundene Chance auf vollständige Entschuldung und einen wirtschaftlichen Neuanfang. In 2013 haben über 90.000 Verbraucherinnen und Verbraucher einen Antrag auf Eröffnung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens gestellt. Das ist nicht nur ein Indiz für das Ausmaß der Überschuldung privater Haushalte in Deutschland. Es zeigt auch, dass viele Betroffene den Gang in die Verbraucherinsolvenz nicht (mehr) scheuen. Der Gesetzgeber hat zum 1. Juli 2014 das Verbraucherinsolvenzund das Restschuldbefreiungsverfahren durch eine Reihe von Maßnahmen effektiver gestaltet. Auch im Verbraucherinsolvenzverfahren besteht nunmehr die Möglichkeit, dass Schuldner und Gläubiger sich in einem gerichtlich bestätigten Insolvenzplan auf eine bestimmte Form der Schuldenbereinigung verständigen. Eine wesentliche Neuerung im Restschuldbefreiungsverfahren ist, dass einem redlichen Schuldner auf seinen Antrag hin Restschuldbefreiung schon drei Jahre nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erteilt werden kann, wenn er die Verfahrenskosten und immerhin 35 Prozent der Schulden beglichen hat. Damit wird einerseits dem Interesse des Schuldners an einem möglichst raschen finanziellen Neuanfang Rechnung getragen. Andererseits werden auch die Interessen der Gläubiger an einer möglichst umfassenden Befriedigung ihrer Forderungen berücksichtigt. Diese Änderungen gelten für alle nach dem 30. Juni 2014 beantragten Insolvenzverfahren. Es bleibt weiter vorgesehen, dass auch ein völlig mittelloser Schuldner ein Insolvenzverfahren durchlaufen und Restschuldbefreiung erlangen kann. Die Insolvenzordnung enthält mit dem Stundungsverfahren hierfür eine eigenständige Verfahrenskostenhilfe. Sie bewirkt, dass der Weg zur Restschuldbefreiung selbst dem Schuldner eröffnet ist, der die Kosten des Verfahrens nicht aufbringen kann. Die vorliegende Broschüre soll einen ersten Überblick über das Verbraucherinsolvenz- und das Restschuldbefreiungsverfahren geben, wobei die gesetzlichen Neuerungen zum 1. Juli 2014 zugrunde gelegt sind. Die Broschüre soll besonders den rechtsunkundigen Verbraucherinnen und Verbrauchern eine Hilfe sein. Das Verbraucherinsolvenzverfahren. Die außergerichtliche Schuldenregulierung. Gerichtliches Verfahren über den Schuldenbereinigungsplan. Insolvenzverfahren. Die Restschuldbefreiung. Das vorrangige Ziel der Insolvenzordnung ist die bestmögliche Gläubigerbefriedigung. Daneben will das Insolvenzrecht jedoch jedem, der trotz redlichen Bemühens wirtschaftlich gescheitert ist, nach Durchführung eines Insolvenzverfahrens einen wirtschaftlichen Neuanfang ermöglichen. Dazu sieht die Insolvenzordnung das Instrument der Restschuldbefreiung vor. Das Restschuldbefreiungsverfahren steht grundsätzlich allen Verbraucherinnen und Verbrauchern, aber auch Personen offen, die unternehmerisch tätig sind. Der Weg zur Restschuldbefreiung führt bei Verbraucherinnen und Verbrauchern über das sogenannte Verbraucherinsolvenzverfahren und bei unternehmerisch tätigen Personen über das sogenannte Regelinsolvenzverfahren. Das Verbraucherinsolvenzverfahren gilt - wie der Name schon sagt - für Verbraucherinnen und Verbraucher. Zu diesem Personenkreis zählen insbesondere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Empfänger von Versorgungsleistungen, Rentner und Pensionäre. Das Verbraucherinsolvenzverfahren gilt auch für ehemals Selbständige, sofern deren Vermögensverhältnisse überschaubar sind und gegen sie keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bestehen. Das Verbraucherinsolvenzverfahren ist ein mehrstufiges Verfahren. Die erste Stufe bildet zwingend ein außergerichtliches Verfahren, in dem der Schuldner versuchen muss, eine Einigung mit seinen Gläubigern über eine Schuldenbereinigung zu erreichen. Kommt
eine außergerichtliche Einigung nicht zustande, schließt sich das gerichtliche Verfahren an, das sich wiederum in zwei Teile gliedert. Zunächst kann das Gericht nochmals versuchen, eine gütliche Einigung zwischen Gläubigern und Schuldner zu erzielen. Gelingt das nicht, folgt in einem zweiten Teil das eigentliche Insolvenzverfahren. Dabei handelt es sich um ein gegenüber einem Unternehmensinsolvenzverfahren wesentlich vereinfachtes Verfahren, das in der Regel sogar schriftlich durchgeführt wird. Auch im Verbraucherinsolvenzverfahren besteht die Möglichkeit, dass Schuldner und Gläubiger sich in einem gerichtlich bestätigten Insolvenzplan auf eine bestimmte Form der Schuldenbereinigung verständigen. Alle ''Nicht-Verbraucher'', also freiberuflich tätige Selbständige wie Ärzte, Rechtsanwälte oder Architekten, Kleingewerbetreibende und Unternehmer durchlaufen ein Regelinsolvenzverfahren. Bei diesem Verfahren ist weder ein außergerichtlicher noch ein gerichtlicher Einigungsversuch vorgesehen. Sehr wohl aber kann im Regelinsolvenzverfahren die Schuldenregulierung durch einen Insolvenzplan, der die Befriedigung der Gläubiger regelt, erreicht werden. Für den Fall, dass im Insolvenzverfahren eine Entschuldung nicht gelingt, gibt die Insolvenzordnung dem Schuldner Gelegenheit zur Restschuldbefreiung. Das bedeutet, dass der Schuldner eine Befreiung von den im Insolvenzverfahren nicht erfüllten Verbindlichkeiten gegenüber seinen Insolvenzgläubigern erhalten kann. Dazu muss der Schuldner einen Antrag auf Restschuldbefreiung stellen. Dieser Antrag muss zulässig sein. Nach Durchführung des Insolvenzverfahrens während der sogenannten Wohlverhaltensperiode muss der Schuldner den pfändbaren Betrag seines Arbeitseinkommens an einen Treuhänder abführen und bestimmte Verpflichtungen erfüllen. Die Wohlverhaltensperiode endet grundsätzlich sechs Jahre nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Schließlich dürfen weder im Insolvenzverfahren noch in der Wohlverhaltensperiode Gründe für die Versagung der Restschuldbefreiung bekannt und von Gläubigern geltend gemacht werden. Denn Restschuldbefreiung soll nur der redliche Schuldner erlangen. Nach Ablauf der Wohlverhaltensperiode entscheidet das Gericht über die Erteilung der Restschuldbefreiung. Auf Antrag des Schuldners kann Restschuldbefreiung aber schon vorzeitig drei Jahre nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erteilt werden. Voraussetzung ist, dass der Schuldner 35 Prozent der Schulden und die Verfahrenskosten beglichen hat. Kann der Schuldner nur die Verfahrenskosten bezahlen, kann Restschuldbefreiung immerhin vorzeitig nach fünf Jahren erteilt werden. Anderenfalls muss der Schuldner die vollen sechs Jahre bis zur Restschuldbefreiung warten. In Insolvenzverfahren, die noch bis zum 30. Juni 2014 beantragt wurden, kann Restschuldbefreiung stets erst nach Ablauf von sechs Jahren seit Eröffnung des Insolvenzverfahrens erteilt werden. Der erste Schritt auf dem Weg zu einer Schuldenbereinigung führt zu einer für die Schuldnerberatung geeigneten Person oder Stelle. Die außergerichtliche Schuldenregulierung hat nämlich Vorrang vor dem gerichtlichen Insolvenzverfahren. Der Schuldner muss zunächst versuchen, eine Einigung mit seinen Gläubigern über eine Schuldenbereinigung (beispielsweise Ratenzahlung, Stundung, Teilerlass) zu erzielen. Ohne einen solchen Einigungsversuch ist das gerichtliche Verfahren und damit auch eine Restschuldbefreiung nicht möglich. Mit dem Antrag auf Eröffnung des gerichtlichen Insolvenzverfahrens muss durch eine entsprechende Bescheinigung belegt werden, dass eine außergerichtliche Einigung mit den Gläubigern innerhalb der letzten sechs Monate vor Antragstellung erfolglos versucht worden ist. Einen solchen Einigungsversuch kann der Schuldner nicht alleine unternehmen. Er muss sich hierfür der Mithilfe einer geeigneten Person oder Stelle bedienen, die dann auch die bereits angesprochene Bescheinigung ausstellt. ''Geeignete Personen'' für die Beratung der Schuldner sind aufgrund ihres Berufes Rechtsanwälte, Notare oder Steuerberater. Wer als ''geeignete Stelle'' in Betracht kommt, haben die Bundesländer im Einzelnen bestimmt. Diejenigen Stellen, die als geeignet anerkannt werden wollen, müssen bestimmte Anforderungen erfüllen. Dadurch soll eine qualifizierte Schuldnerberatung sowohl in persönlicher als auch in sachlicher und rechtlicher Hinsicht sichergestellt werden. Überwiegend sind die Schuldnerberatungsstellen, die etwa von den Trägern der freien Wohlfahrtsverbände oder den Kommunen eingerichtet wurden, geeignete Stellen im Sinne des Insolvenzrechts. Die Landkreise (Landratsamt), Stadtverwaltungen (Rathaus) oder Sozialämter können Auskunft darüber geben, wo geeignete Beratungsstellen zu finden sind. Auch die Wohlfahrtsverbände (Arbeiterwohlfahrt, Caritas, Deutsches Rotes Kreuz, Diakonisches Werk, Paritätischer Wohlfahrtsverband oder Zentralwohlfahrtsstelle der Juden) können hierbei helfen. Weitere I
nformationen enthält auch die vom Presse- und Informationsamt der Bundesregierung herausgegebene Broschüre ''Schulden abbauen - Schulden vermeiden'' (www.bundesregierung.de/ Content/Infomaterial/BPA/Bestellservice/ratgeber-schuldenabbau_17-01-2014.pdf?_blobpublicationFile und v10). Dort finden Sie auch die Anschriften von Schuldnerberatungsstellen. Sie können sich aber auch auf der Internetseite der Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung (www.bag-sb.de) informieren. Für den Einigungsversuch wäre es nicht ausreichend, lediglich durch einen kurzen Telefonanruf allgemein bei den Gläubigern nachzufragen, ob sie zu einer Einigung über eine Schuldenbereinigung bereit wären. Der Einigungsversuch muss vielmehr auf der Grundlage eines ''Plans'' erfolgen. Das bedeutet, dass der Schuldner den Gläubigern seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse darlegen und einen konkreten Vorschlag zur Schuldenbereinigung unterbreiten muss, also etwa einen Zahlungs- und Tilgungsplan, der an alle Gläubiger versandt wird. Bei der Aufstellung eines solchen Plans ist diejenige Person oder Stelle behilflich, an die sich der Schuldner zur Beratung gewandt hat