Digitalisierung verändert die Organisation von Arbeit. Durch mobile Endgeräte, digitale Vernetzung und Speicherkapazitäten für Daten können Arbeits aufgaben an verschiedenen Orten, zu verschiedenen Zeiten erledigt werden. Es ist möglich, über Ländergrenzen hinweg Teams zu organisieren und an gemeinsamen Projekten zu arbeiten. Das ortsunabhängige und zeitlich flexible Arbeiten ist ein zentrales Merkmal der veränderten Arbeitswelt und für viele Beschäftigte bereits Alltag. Gerade in der Corona-Krise zeigt sich, dass Home Office und mobiles Arbeiten hilfreiche Mittel sind. Orts- und zeitflexibles Arbeiten zieht sich durch alle Branchen. Wo es die Arbeitsaufgabe erlaubt und die entsprechende technische Infrastruktur zur Verfügung steht, wird ortsflexibel gearbeitet. Selbst in den produktionsnahen Bereichen kann etwa die Arbeitsvorbereitung oder teils die Instandhaltung von einem anderen Ort erledigt werden. Klassisch sind orts- und zeitflexible Tätigkeiten jedoch solche, die im Büro und in der Wissensarbeit stattfinden. Die Vielfalt an Möglichkeiten, flexibel zu arbeiten, wächst seit einigen Jahrzehnten. Getrieben durch technische Innovationen und neue Konzepte der Arbeitsorganisation verändern sich Arbeitsbedingungen. Unter der Überschrift Digitalisierung finden Umbrüche in den Unternehmen statt. Unter dem Begriff Orts- und zeitflexibles Arbeiten lassen sich verschiede ne Instrumente sammeln. Örtliche Flexibilität bedeutet, dass Tätigkeiten nicht mehr an den Betrieb gebunden sind. Damit sind Tätigkeiten gemeint, die erst in der heutigen Zeit mobil gestaltet werden können. Ausgeschlossen werden in der Analyse Tätigkeiten wie Rufbereitschaft, Servicetätigkeiten im Außendienst, Messen u. a. Zeitliche Flexibilität kann auch durch Instrumente wie Arbeitszeitkonten und Schichtsystem hergestellt werden. Örtliche und zeitliche Flexibilität der Arbeit ist Anforderung und Erwartung zugleich. Einige Beschäftigte benötigen mehr zeitliche Flexibilität, um familiäre Aufgaben wie Pflege oder Kinderbetreuung wahrnehmen zu können. Andere haben gesundheitliche Beeinträchtigungen und benötigen räumliche Flexibilität, um am Erwerbsleben teilzuhaben. Zudem herrscht das Bedürfnis nach mehr Zeit für Freizeitaktivitäten. Zugleich besteht die Gefahr, sich selbst zu überlasten, weil man z.B. die Arbeitszeit nicht einhält. Grenzen zwischen Privat- und Arbeitsleben können verschwimmen. Die Arbeitgeberseite kann durch mobile Endgeräte Arbeitsaufträge auch auf Dienstreisen erteilen. Andere Kolleginnen und Kollegen können Rückfragen zu Arbeitsprozessen stellen, auch wenn die betreffende Kollegin nicht vor Ort ist. Arbeitsaufgaben bleiben somit nicht mehr liegen. Durch die räumliche Flexibilisierung können außerdem Kosten für Büroarbeitsplätze eingespart werden. Wie können die Anforderungen und Erwartungen in der Praxis einheitlich geregelt werden? Welche technische Infrastruktur muss bestehen, um reibungslose Arbeitsabläufe zu gewährleisten? Wie lassen sich Grenzen der Arbeitszeit einhalten und Beschäftigte vor Dauererreichbarkeit schützen? Wer trägt die Verantwortung für den Arbeits- und Gesundheitsschutz? Größere Spielräume zur eigenen Gestaltung der Arbeit umfassen zugleich die Ge fahr der Selbstausbeutung. Selbstorganisation der eigenen Arbeit bedarf Kompetenzen, die ggf. geschult werden müssen. In der vorliegenden Publikation geht es darum, beide Flexibilisierungsmechanismen zu betrachten: örtliche und zeitliche Flexibilität. Denn sie sind bei Telearbeit und mobiler Arbeit gleichsam relevant. In der Analyse wurden Vereinbarungen berücksichtigt, die das Thema Telearbeit oder Mobile Arbeit behandeln. Die Begriffe werden sehr unterschiedlich verstanden und definiert (vgl. Kapitel 2.1). Derzeit beschäftigten sich viele gewerkschaftliche Projekte sowie gewerkschaftlich unterstützte Projekte mit orts- und zeitflexiblem Arbeiten. Eine erste Übersicht dazu finden Sie hier. Wo es nötig ist, werden die betrieblichen Regelungen zur Telearbeit und mobilen Arbeit getrennt betrachtet, beispielsweise Regelungen zur Ausstattung des Arbeitsplatzes. In der Telearbeit gilt die Arbeitsstättenverordnung und Beschäftigte arbeiten von zu Hause. Hingegen kann beim mobilen Arbeiten der Arbeitsort flexibel gewählt werden. Jedoch fällt in der Analyse auf: Beide Instrumente haben große Schnittmenge. In der betrieblichen Praxis werden sowohl Eigenarten der mobilen Arbeit in Vereinbarungen zur Telearbeit ge regelt als auch Regelungsinhalte zur Telearbeit in Vereinbarungen zur mobilen Arbeit. Diese Analyse von 31 Vereinbarungen aus unterschiedlichen Branchen greift die wesentlichen Themen auf und führt Regelungsbeispiele an. In die Analyse wurden 11 Vereinbarungen zum Thema Telearbeit und 14 Vereinbarungen zum Thema Mobile Arbeit einbezogen. Weitere 6 Vereinbarungen verwenden andere Begriffe. Diese Vereinbarungen stellen bereits verhandelte Kompromisse dar. Ziel dieser Publikation ist es
, einen Überblick zu schaffen und Praktikern Handlungs- und Orientierungswissen mit auf den Weg zu geben. Auf Basis kollektiver Regelungen wird es erst möglich, die Chancen, die sich aus der zunehmenden Flexibilisierung und Mobilisierung ergeben, auch im Sinne aller Beschäftigten zu nutzen. Bereits jetzt gibt es viele Regelungen, die einen Rahmen für das orts- und zeitflexible Arbeiten setzen. Sie beziehen sich auf Rahmenbedingungen zur Arbeitszeit sowie auf den Arbeits- und Gesundheitsschutz. Weitere Konkretisierungen können spezifisch in Betriebs- und Dienstvereinbarung vereinbart werden. Ein gesetzlicher Rahmen für das Arbeiten von zu Hause aus besteht bisher teils unter dem Begriff Heimarbeit und im Heimarbeitsgesetz (HAG). Dort wird detailliert aufgeschlüsselt, welche Bedingungen für Heimarbeit gewährleistet werden müssen und wie diese Arbeitsform auszugestalten ist. In den untersuchten Betriebs- und Dienstvereinbarung wird Heimarbeit im Sinne des genannten Gesetzes jedoch ausgeschlossen, selbst wenn der Begriff verwendet wird. Stattdessen werden Definitionen genutzt, um zu klären, ob es sich um mobiles Arbeiten oder Telearbeit handelt. Ein Rahmen für das zeitlich flexible Arbeiten wird durch das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) geschaffen, indem bspw. die Mindestruhezeit von 11 Stunden festgelegt wird. Die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) gilt für echte Telearbeit. Der heimische Arbeitsplatz muss vor Gefahren geschützt werden und darf der Gesundheit nicht abträglich sein. Die ergonomische Ausstattung wird vom Arbeitgeber bereitgestellt. Die Maßnahmen zur Gestaltung der Bildschirmarbeitsplätze in der ArbStättV gelten ausdrücklich nicht für den Einsatz mobiler Endgeräte (vgl. Bildschirmarbeitsverordnung, BildscharbV). Mittlerweile gibt es eine Reihe an (Haus-)Tarifverträgen, die das orts- und zeitflexible Arbeiten bzw. mobile Arbeit und Telearbeit regeln