Seit Beginn der Menschheitsgeschichte begehen Menschen Fehler und lernen im Idealfall daraus. Schon der chinesische Philosoph Konfuzius sagte: Wer einen Fehler gemacht hat und ihn nicht korrigiert, begeht einen zweiten. Sobald Menschen miteinander oder mit (technischen) Systemen arbeiten und kooperieren, entstehen auch Formen und Standards zum Umgang mit Fehlern. In dieser Informationsbroschüre werden in kompakter Form die wichtigsten Grundlagen zum Phänomen der Fehlerkultur auch in digitalisierten Arbeitswelten dargestellt. Zunächst wird an einem exemplarischen Fallbeispiel aus der Softwareindustrie aufgezeigt, wie durch eine Verkettung kleinster Prozessabweichungen ein größeres Fehler- oder Schadensergebnis entstehen kann. Anschließend wird erklärt, was unter einem Fehler und einer Fehlerkultur zu verstehen ist. Im darauf folgenden Abschnitt werden die wirksamsten Maßnahmen zur Förderung einer Fehlerkultur erläutert und anhand des eingeführten Fallbeispiels illustriert. Den Abschluss bilden die kurze Darstellung von Erfolgsfaktoren bei der Einführung von Fehlerkulturmaßnahmen und ein Fazit zur Fehlerkultur. Bevor geklärt werden kann, was eine Fehlerkultur eigentlich ist, muss zunächst erklärt werden, was unter einem Fehler zu verstehen ist. Fehler sind in diesem Kontext Abweichungen von einem gewünschten Handlungsziel. Diese Abweichungen müssen einerseits vermeidbar sein, um Fehler von Begriffen wie Unglück oder höherer Gewalt (zum Beispiel Unfall durch einen Blitzschlag) abzugrenzen. Andererseits müssen die Abweichungen unbeabsichtigt auftreten, um Fehler von destruktiven Verhaltensweisen (beispielsweise Unfall durch Sabotage) unterscheiden zu können. Fehler sind Ereignisse, die alltäglich passieren und zum Leben gehören. Nahezu alle menschlichen Entdeckungen und Erfindungen lassen sich auf das Wechselspiel von Versuch und Irrtum beziehungsweise Fehler zurückführen. Der Begriff Fehlerkultur bezeichnet daher in diesem Zusammenhang, wie Organisationen mit Fehlern, Fehlerursachen und Fehlerfolgen umgehen. Im Gegensatz zu einer Schuldkultur, bei der primär Schuldfragen oder Verantwortlichkeiten untersucht werden, ist die Fehlerkultur grundsätzlich offen und bietet den Raum eines positiven Umgangs mit Fehlern. Das schafft die Möglichkeit, Fehler zu erkennen, zu melden, zu analysieren und aus ihnen zu lernen. Primäres Ziel ist hierbei die Klärung komplexer Zusammenhänge zwischen Personen und (Arbeits-)Systemen zur Ermittlung von Fehlerursachen beziehungsweise Kausalketten. So können präventive und lösungsorientierte Maßnahmen entwickelt und umgesetzt werden, um vergleichbaren, risikobehafteten Situationen vorzubeugen. In positiven Fehlerkulturen wird versucht, mit Hilfe eines systemischen Verständnisses die wahren Ursachen eines Schadensereignisses aufzudecken. Hier werden das Identifizieren und Analysieren der latenten Fehlerbedingungen als Chance betrachtet, um aus den Fehlern zu lernen. Bei einer Fehlerkultur geht es stets um den Umgang einer Organisation mit Fehlern sowie deren Ursachen und Folgen. Es ist wichtig, bei der Analyse von Fehlerereignissen eine systemische Sicht einzunehmen, um neben der offensichtlichen Fehlerursache des aktiven Fehlers auch die Verkettung der vielen, aber weniger offensichtlichen latenten Fehlerbedingungen aufzudecken. Zur Förderung einer positiven Fehlerkultur ist es notwendig, den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen zu vertrauen, dadurch ihr Verantwortungsgefühl zu stärken und für eine optimale Lernumgebung zu sorgen. Das Lernen aus Fehlern kann als zentrales Schlüsselelement einer Fehlerkultur verstanden werden. Da die grundlegenden Lernprozesse zum Teil ein hohes Maß an Bewusstseinsbeteiligung erfordern, sollten der Belegschaft hierfür Instrumente und die Gelegenheit gegeben werden, die gemachten Lernerfahrungen zu reflektieren und vor, während und nach einer Tätigkeit anzuwenden. Zur erfolgreichen Einführung von Fehlerkulturmaßnahmen sollte die gesamte Belegschaft beteiligt und eine offene sowie wertschätzende Fehlerkommunikation sichergestellt werden