Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat, Konzernbetriebsrat Zuständigkeit in der Praxis Auswirkungen der Zuständigkeiten auf die betriebliche Praxis Auswirkungen des Abschlusses einer Betriebsvereinbarung durch ein unzuständiges Gremium Betriebliche Vereinbarungen Je mehr unterschiedliche Arbeitnehmervertretungen in einem Unternehmen bzw. einem Konzern gewählt bzw. errichtet wurden, umso schwieriger kann die Frage nach der Zuständigkeit eines Gremiums für die Mitbestimmung sein. Die gesetzlichen Regelungen und Voraussetzungen sowie die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen sind allerdings nur eine Betrachtungsweise und werden unter der Rubrik ''Recht und Gesetz'' erläutert. Weit häufiger stellt sich aus politischen und strategischen Erwägungen sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Betriebsrat die Frage: Wer ist der richtige Verhandlungspartner? Für beide Seiten kann es - abhängig von der zu verhandelnden Mitbestimmungsangelegenheit - auch abseits der gesetzlichen Voraussetzungen wichtig sein, einem bestimmten Verhandlungspartner gegenüberzusitzen. Anlass können unterschiedliche Gründe sein, die hier auch anhand von Beispielen erläutert werden sollen. Auswirkungen der Zuständigkeiten auf die betriebliche Praxis Beispiele Das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) geht von einer grundsätzlichen Primärzuständigkeit des örtlichen Betriebsrates aus. Gesamt- oder Konzernbetriebsrat sind nur zuständig, wenn es um eine Mitbestimmungsangelegenheit geht, die entweder das Gesamtunternehmen bzw. den Gesamtkonzern oder zumindest mehrere Betriebe bzw. Unternehmen betrifft. Darüber hinaus darf die Angelegenheit nicht durch die einzelnen Betriebsräte innerhalb ihrer Betriebe geregelt werden können. Hierzu ist eine zwingende sachliche oder rechtliche Notwendigkeit für eine betriebsübergreifende Regelung erforderlich. In der Praxis scheidet die Zuständigkeit des Gesamt- bzw. Konzernbetriebsrates häufig deshalb aus, weil die zweite Voraussetzung nicht vorliegt. Es besteht nur selten eine zwingende sachliche oder rechtliche Notwendigkeit für eine gemeinsame Regelung. Es stellen sich also die Fragen: Wann und bei welchen Mitbestimmungsangelegenheiten kann die Zuständigkeit fraglich sein? Und: Wie ist in der betrieblichen Praxis damit umzugehen? Dies wird im Folgenden anhand von Praxisbeispielen erläutert. Verhandlungen über einen Interessenausgleich und Sozialplan Die Mitbestimmungstatbestände rund um eine Betriebsänderung und die Verhandlung eines Interessenausgleichs und/oder Sozialplanes fallen grundsätzlich in die Primärzuständigkeit des Betriebsrates. Für den Interessenausgleich gemäß §§ 111 ff. BetrVG ist der Gesamtbetriebsrat nur dann zuständig, wenn die Maßnahme das ganze Unternehmen oder mehrere Betriebe des Unternehmens betrifft und die Folgen für die Belegschaft notwendigerweise nur einheitlich geregelt werden können. Dies ist etwa bei der Zusammenlegung mehrerer Betriebe oder der Stilllegung aller Betriebe des Unternehmens der Fall. Ist der Gesamtbetriebsrat für den Interessenausgleich originär zuständig, führt dies nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts jedoch nicht automatisch auch zur Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrates für den Sozialplan. Dies muss stets gesondert geprüft werden. Der Gesamtbetriebsrat ist auch für den Sozialplan zuständig, wenn die im Interessenausgleich umschriebene Betriebsänderung mehrere oder gar sämtliche Betriebe des Unternehmens erfasst und die Durchführung des Interessenausgleiches abhängt von betriebsübergreifend einheitlichen Kompensationsregelungen in dem noch abzuschließenden Sozialplan. In diesen Fällen geht man davon aus, dass der Abschluss der Sozialpläne von den Betriebsräten der einzelnen Betriebe nicht mehr wahrgenommen werden kann und weist sie dann dem Gesamtbetriebsrat zu (Bundesarbeitsgericht vom 11.12.2001 1AZR 193/01, vgl. Arbeitsrecht im Betrieb Ausgabe 8/2003, S. 500 ff.). In diesem entschiedenen Fall war ein betriebsübergreifend einheitlicher Sozialplan zwingend erforderlich, da ansonsten das der Sanierung zugrunde liegende Konzept nicht umsetzbar gewesen wäre. In vielen Fällen verhält es sich jedoch anders und es ist nicht nur gesetzlich vorgeschrieben, sondern auch betriebspolitisch sinnvoll, die Verhandlungen über einen Sozialplan von den Betriebsräten vor Ort durchführen zu lassen. Grund hierfür ist vor allem die räumliche und persönliche Nähe der Betriebsräte vor Ort zu ihren Kolleginnen und Kollegen. Denn der Sozialplan soll die wirtschaftlichen Nachteile der von einer Betriebsänderung betroffenen Mitarbeiter abmildern. Diese wirtschaftlichen Nachteile können allerdings sehr unterschiedlich ausfallen. Jeder Mitarbeiter hat eine persönliche bzw. familiäre Situation, die mitunter ganz unterschiedliche wirtschaftliche Nachteile durch den Verlust eines Arbeitsplatzes hervorbringen kann. Diese unter Umständen sehr persönlichen Situationen kennt auch der Arbeitgeber häufig nicht. I
n der Regel vertrauen sich die Mitarbeiter jedoch den ihnen bekannten Betriebsräten vor Ort an. So erfahren Betriebsräte von privaten Schicksalsschlägen wie der Pflegebedürftigkeit eines nahen Angehörigen oder einer finanziell schwierigen Situation bis zur Privatinsolvenz. Mit diesen sehr persönlichen Lebenssituationen sind besondere wirtschaftliche Nöte der Mitarbeiter verbunden, die der Betriebsrat in einer Sozialplanverhandlung abzumildern versucht. Dies kann jedoch einem Gesamt- oder Konzernbetriebsrat, der die Betroffenen häufig nicht persönlich kennt, kaum gelingen. Zu einem Kennenlernen wird es auch im Laufe der Verhandlungen nicht kommen, denn die Verhandlungen finden bei Beteiligung des Gesamt- bzw. Konzernbetriebsrates nicht vor Ort statt, sondern zentral am Sitz des Unternehmens bzw. am Sitz des Konzerns. Die Mitglieder des Gesamt- bzw. Konzernbetriebsrates haben schon deshalb keinen persönlichen Kontakt zu den einzelnen Mitarbeitern in den Betrieben vor Ort. Daher ist es in solchen Fällen für den Betriebsrat vor Ort grundsätzlich nicht sinnvoll, den Gesamt- bzw. Konzernbetriebsrat bei Vorliegen der anderen Voraussetzungen mit den Verhandlungen über einen Sozialplan zu beauftragen. Es wird dem Gesamt- bzw. Konzernbetriebsrat nur selten gelingen, die persönlichen Nöte der ihm in der Regel unbekannten Mitarbeiter bei der Bewertung der wirtschaftlichen Nachteile zu berücksichtigen. Es geht jedoch nicht nur um die persönliche private Situation des Mitarbeiters, die eventuell besondere Nachteile durch den Verlust eines Arbeitsplatzes bewirkt. Bei der Bewertung der vom Sozialplan auszugleichenden Nachteile sind insbesondere auch die Chancen der betroffenen Mitarbeiter auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen. Dies erfordert Kenntnisse über die Situation am regionalen Arbeitsmarkt. Solche Kenntnisse haben die Betriebsratsmitglieder vor Ort. Sie kennen aus den gewerkschaftlichen Ortsgruppen oft die Betriebsratskollegen aus andern Betrieben in der Region und tauschen sich mit ihnen im aus. Hieraus entstehen Kenntnisse über Beschäftigungssituationen in den anderen Betrieben in der Region, die sie in den Verhandlungen berücksichtigen können. Verhandelt allerdings der Gesamt- bzw. Konzernbetriebsrat über einen Sozialplan, ist es für ihn nahezu unmöglich, die in den unterschiedlichen Regionen bestehenden Arbeitsmarktsituationen und entsprechend die Chancen für die betroffenen Arbeitnehmer zu bewerten und in die Sozialplanverhandlungen zugunsten der Kollegen einfließen zu lassen. Denn je geringer die Chancen der Mitarbeiter am Arbeitsmarkt sind, umso größer ist der wirtschaftliche Nachteil, den sie durch den Verlust des Arbeitsplatzes erleiden. Es gibt jedoch auch Situationen, in denen es sinnvoll sein kann, die Verhandlungen über einen Sozialplan an den gesetzlich nicht zuständigen Gesamt- oder Konzernbetriebsrat zu delegieren. Sind mehrere Betriebe eines Unternehmens bzw. mehrere Unternehmen eines Konzerns betroffen, sollte sich der Betriebsrat folgende Frage stellen: Kann das Unternehmen bzw. der Konzern als Verhandlungspartner dem beauftragten Gesamt- bzw. Konzernbetriebsrat die bessere Verhandlungsposition verschaffen? Der Betriebsrat prüft dann, ob er von der gesetzlichen Möglichkeit, seine Aufgaben zu delegieren, Gebrauch machen soll. Mit der Delegation an den Gesamt- bzw. Konzernbetriebsrat ändert sich auch der Verhandlungspartner auf der Arbeitgeberseite. Ob er von dieser Delegationsmöglichkeit Gebrauch macht, hängt davon ab, ob sich durch diesen Wechsel des Verhandlungspartners eine bessere Verhandlungsposition ergibt. Man kennt dies häufiger als Mittel des Arbeitgebers, der aus Gründen der Zweckmäßigkeit insbesondere Sozialplanverhandlungen gern mit dem Gesamt- bzw. Konzernbetriebsrat führen würde. Zum einen muss der Arbeitgeber dann Verhandlungen nur einmal führen, zudem bestehen am Ende der Verhandlungen unternehmens- bzw. konzerneinheitliche Regelungen, die keine Unruhe in die Betriebe bringen. Zum anderen erwartet der Arbeitgeber häufig vom Gesamt- bzw. Konzernbetriebsrat ein tiefergehendes Verständnis zum Beispiel für die finanzielle Situation des gesamten Unternehmens bzw. des gesamten Konzerns. Aber auch der Betriebsrat vor Ort kann sich durch die Delegation an den Gesamt- bzw. Konzernbetriebsrat eine bessere Verhandlungsposition verschaffen. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn die finanzielle Situation im Betrieb vor Ort bzw. im Unternehmen schwierig ist und insofern auch aus Sicht der zuständigen Arbeitnehmervertreter das Volumen eines zu verhandelnden Sozialplans eher gering ausfallen würde. Manchmal sind jedoch die Konzerne bereit, auch zur Umsetzung von Konzernstrategien Sozialpläne zu unterstützen und hierfür die notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung zu stellen. Dies kann etwa bei Betriebsstilllegungen der Fall sein, wenn die Fortführung des Betriebes sich aus Konzernsicht ''nicht mehr lohnt''. Betriebsvereinbarungen
zur Vergütung von außertariflichen Angestellten Das Bundesarbeitsgericht stellte in seiner Entscheidung vom 18.05.2010 (Aktenzeichen 1 ABR 96/08) fest, dass der Betriebsrat vor Ort für den Abschluss einer Vereinbarung zur Vergütung der außertariflichen Angestellten (AT-Angestellten) zuständig ist. Da es dem Arbeitgeber nicht freisteht zu entscheiden, ob er die AT-Angestellten vergüten will oder nicht, ist er auch nicht frei in der Entscheidung, mit welchem Gremium er diese Vereinbarung treffen will. Das Bundesarbeitsgericht ging in dieser Entscheidung davon aus, dass es für eine betriebsübergreifende einheitliche Regelung kein zwingendes Erfordernis gibt, das die Zuständigkeit des Gesamt- bzw. Konzernbetriebsrates begründen würde. Vielen Arbeitgebern wird diese Entscheidung recht sein, da sie ohnehin der Auffassung sind, die Vergütung der AT-Angestellten unternehmens- bzw. konzerneinheitlich besser regeln zu können. Denn in den meisten Fällen hängt die Vergütung der AT-Angestellten im besonderen Maße von der Erreichung der Unternehmens- bzw. Konzernziele ab. Dies mag auch zweckmäßig sein, reicht aber für die Begründung einer Zuständigkeit des Gesamt- bzw. Konzernbetriebsrates per Gesetz nicht aus. Insofern ist die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nachvollziehbar. Häufig werden jedoch auch Betriebsräte vor Ort ein Interesse daran haben, die Verhandlungen über eine Vereinbarung zur Vergütung der AT-Angestellten an den Gesamt- bzw. Konzernbetriebsrat zu delegieren - sei es lediglich aus dem Grund, dass die Betriebsräte vor Ort trotz der Entsendung von Mitgliedern in den Gesamt- bzw. den Konzernbetriebsrat die Umstände, die für die Vergütung der AT-Angestellten maßgebend sind, nicht kennen. Darüber hinaus kann es vorkommen, dass im Konzern unterschiedliche Tarifverträge Anwendung finden, die wiederum unterschiedliche Regelungen zum sogenannten Abstandsgebot enthalten. Letzteres ist für die Höhe der AT-Vergütungen maßgeblich. Um dennoch eine gerechte Vergütung aller AT-Angestellten im Unternehmen bzw. Konzern gewährleisten zu können, wird es in den meisten Fällen sinnvoll sein, die Verhandlungen über eine Vereinbarung ihrer Vergütung an den Gesamt- bzw. Konzernbetriebsrat zu übertragen. Dies ist durch einen Übertragungsbeschluss des Gremiums möglich. Konzernweite Nutzung einer Überwachungseinrichtung In einer Entscheidung vom 25.09.2012 (Aktenzeichen 1 ABR 45/11) entschied das Bundearbeitsgericht, dass der Konzernbetriebsrat gemäß § 58 Absatz 1 BetrVG für die Mitbestimmung bei der Nutzung einer Personalverwaltungssoftware nach § 87 Absatz 1 Nr. 6 BetrVG zuständig ist. Das Bundesarbeitsgericht sah hier ein nach Inhalt und Zweck des Mitbestimmungstatbestandes zwingendes Erfordernis, eine konzerneinheitliche Regelung zu treffen. Die Zuständigkeit des Konzernbetriebsrates folgte in dem der Entscheidung zugrunde lie genden Sachverhalt aus technischen Gründen. Der Einsatz des Personalverwaltungssystems konnte wegen der bestehenden zentralen Nutzungs- und Überwachungsmöglichkeit nicht durch die einzelnen Betriebsräte vor Ort geregelt werden. Auswirkungen des Abschlusses einer Betriebsvereinbarung durch ein unzuständiges Gremium Eine Betriebsvereinbarung, die mit den gesetzlich nicht zuständigen Arbeitnehmervertretern abgeschlossen wurde, ist unwirksam. Sie hat somit keine Auswirkung auf die Arbeitsverhältnisse der betroffenen Arbeitnehmer. Da Betriebsvereinbarungen unmittelbar und zwingend wirken, kann eine unwirksame Betriebsvereinbarung auch keine Anspruchsgrundlage für die im Geltungsbereich erfassten Arbeitnehmer bieten. Möchten jedoch der Arbeitgeber, das eigentlich zuständige Gremium sowie die Arbeitnehmervertreter, die trotz Unzuständigkeit die Vereinbarungen abgeschlossen haben, an den Regelungen in der Vereinbarung festhalten, besteht folgende Lösungsmöglichkeit: Das eigentlich zuständige Gremium kann durch Beschluss die Verhandlungen und den Abschluss der Betriebsvereinbarung durch das eigentlich unzuständige Gremium genehmigen. So wird dieser Fehler beseitigt und die Betriebsvereinbarung ist wirksam. Ist zweifelhaft, welches Gremium für die Verhandlung und den Abschluss einer Vereinbarung zuständig ist, besteht alternativ die Möglichkeit, dass alle Beteiligten Gremien die Betriebsvereinbarung beschließen und unterzeichnen. Um Streit über die Zuständigkeit zu vermeiden, ist es aus praktischen Erwägungen ratsam, dass eine mit dem Arbeitgeber abzuschließende Vereinbarung sowohl von den Betriebsräten, dem Gesamtbetriebsrat und dem Konzernbetriebsrat unterzeichnet wird. Dies hat den Nebeneffekt, dass sich jedes Gremium - losgelöst von der Teilnahme an den Verhandlungen - mit der Angelegenheit auseinandersetzt. Vor allem betriebspolitisch ist eine Uneinigkeit über die Zuständigkeit ernst zu nehmen. Zum einen ist die Frage zu stellen: Warum will ein Arbeitgeber manchmal unbedingt mit dem Gesamtbetriebsrat oder dem Konzernbetr
iebsrat verhandeln? Oftmals erscheint dies zumindest dem Arbeitgeber zweckmäßiger oder auch aus Kostengesichtspunkten und Koordinierungsinteresse für die Konzernleitung einfacher. Hierauf kommt es jedoch, wie bereits geschildert, nicht an. Entscheidend ist vielmehr, ob sich das Ziel der geplanten Regelung nur durch eine einheitliche Regelung auf Unternehmens- bzw. Konzernebene erreichen lässt. Die Betriebsräte vor Ort sind der Belegschaft näher und haben in aller Regel bessere Kenntnis von den betrieblichen Umständen. Sie kennen ihre Kollegen und wissen um die persönlichen Verhältnisse und die Beschaffenheit der unterschiedlichen Arbeitsplätze. Dies kann ein nicht vor Ort tätiger Gesamtbetriebsrat bzw. Konzernbetriebsrat verständlicherweise nicht leisten. Daher geht auch der Gesetzgeber grundsätzlich von der Primärzuständigkeit des Betriebsrates aus. Nur in den geschilderten Ausnahmefällen ist eine Zuständigkeit des Gesamt- bzw. Konzernbetriebsrates begründet und dann auch sinnvoll. Daneben verfügen Gesamt- bzw. Konzernbetriebsräte nicht seltenen über größere oder weiterreichende Erfahrungen in der Verhandlungsführung. In diesem Fall kann es für den Betriebsrat vor Ort klug sein, sich diese Erfahrungen und auch die Verhandlungserfolge der Gesamt- bzw. Konzernbetriebsräte zunutze zu machen und hiervon zugunsten ihrer Kollegen im Betrieb davon zu profitieren. Es kann aber auch psychologisch von Vorteil sein, die Verhandlungen an den Gesamt- bzw. Konzernbetriebsrat zu übertragen. Manchmal verhandeln Arbeitgeber leider nur mit den Gesamt- bzw. insbesondere Konzernbetriebsräten auf Augenhöhe. Wenn es Sinn macht, sollte der Betriebsrat dies für sich und die von ihm vertretenen Kollegen nutzen. Der örtliche Betriebsrat sollte immer sorgfältig prüfen, wer für die Behandlung eines Mitbestimmungstatbestandes zuständig ist und in der Regel von der eigenen Zuständigkeit ausgehen. Er sollte im Zweifel mithilfe der Gewerkschaft oder eines Rechtsanwalts prüfen und erörtern, ob es im Einzelfall sinnvoll sein kann, den Gesamt- bzw. Konzernbetriebsrat mit der Verhandlung eines Mitbestimmungstatbestandes zu beauftragen. Dem Wunsch des Arbeitgebers, mit dem Gesamt- bzw. Konzernbetriebsrat zu verhandeln, sollte der örtliche Betriebsrat nicht ungeprüft nachkommen. Die Entscheidung, ob eine Verhandlung an ein anderes Gremium delegiert werden soll, muss - selbstverständlich nach Abwägung der Vor- und Nachteile - am Ende getroffen werden. Diese Entscheidung muss zumindest nach außen vom gesamten Gremium unterstützt werden. Da in den meisten Fällen keine rechtlichen Gründe maßgeblich sind, sondern es sich um eine betriebspolitische Entscheidung handelt, gibt es oftmals auch keine einzig richtige oder falsche Entscheidung. Der Betriebsrat muss sich einmal entscheiden und diese Entscheidung vertreten können. Die geschilderten Fälle bestätigen die vom Gesetzgeber vorgegebene Primärzuständigkeit des Betriebsrates vor Ort. Durch die Möglichkeit der Delegation an ein anderes Gremium kann der Betriebsrat aus taktischen bzw. strategischen Erwägungen ein anderes Gremium mit der Verhandlung oder sogar dem Abschluss einer Vereinbarung beauftragen, selbst wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für die originäre Zuständigkeit von Gesamt- bzw. Konzernbetriebsrat fehlen. Das Archiv Betriebliche Vereinbarungen der Hans-Böckler-Stiftung Die Hans-Böckler-Stiftung verfügt über die bundesweit einzige bedeutsame Sammlung betrieblicher Vereinbarungen, die zwischen Unternehmensleitungen und Belegschaftsvertretungen abgeschlossen werden. Derzeit enthält unser Archiv etwa 16.000 Vereinbarungen zu ausgewählten betrieblichen Gestaltungsfeldern. Unsere breite Materialgrundlage erlaubt Analysen zu betrieblichen Gestaltungspolitiken und ermöglicht Aussagen zu Trendentwicklungen der Arbeitsbeziehungen in deutschen Betrieben. Regelmäßig werten wir betriebliche Vereinbarungen in einzelnen Gebieten aus. Leitende Fragen dieser Analysen sind: Wie haben die Akteure die wichtigsten Aspekte geregelt? Welche Anregungen geben die Vereinbarungen für die Praxis? Wie ändern sich Prozeduren und Instrumente der Mitbestimmung? Existieren ungelöste Probleme und offene Fragen? Die Analysen betrieblicher Vereinbarungen zeigen, welche Regelungsweisen und -verfahren in Betrieben bestehen. Die Auswertungen verfolgen dabei nicht das Ziel, Vereinbarungen zu bewerten, denn die Hintergründe und Strukturen in den Betrieben und Verwaltungen sind uns nicht bekannt. Ziel ist es, betriebliche Regelungspraxis abzubilden, Trends aufzuzeigen und Gestaltungshinweise zu geben. Bei Auswertungen und Zitaten aus Vereinbarungen wird streng auf Anonymität geachtet. Die Kodierung am Ende eines Zitats bezeichnet den Standort der Vereinbarung in unserem Archiv und das Jahr des Abschlusses. Zum Text der Vereinbarungen haben nur Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Archivs und Autorinnen und Autoren Zugang. Zusätzlich zu diesen Auswertung
en werden vielfältige anonymisierte Auszüge aus den Vereinbarungen auf der beiliegenden CD-ROM und der Online-Datenbank im Internetauftritt der Hans-Böckler-Stiftung zusammengestellt. Damit bieten wir anschauliche Einblicke in die Regelungspraxis, um eigene Vorgehensweisen und Formulierungen anzuregen. Darüber hinaus gehen wir in betrieblichen Fallstudien gezielt Fragen nach, wie die abgeschlossenen Vereinbarungen umgesetzt werden und wie die getroffenen Regelungen in der Praxis wirken