Erneutes Eingliederungsmanagement vor Kündigung notwendig
Firmen müssen ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) grundsätzlich erneut durchführen,
wenn der entsprechende Arbeitnehmer innerhalb eines Jahres nach Abschluss eines ersten BEM
erneut länger als sechs Wochen durchgängig oder wiederholt arbeitsunfähig erkrankt war.
Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden (Az.: 2 AZR 138/21).
Mit seinem Urteil wies der Zweite Senat die Revision gegen ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf zurück
und bestätigte damit dessen Rechtsauffassung.
Konkret ging es in dem Verfahren um einen Produktionshelfer, der seit 2001 in der entsprechenden Firma beschäftigt war.
Laut Gericht war der Mann in 2017 an 40 Arbeitstagen arbeitsunfähig erkrankt gewesen,
2018 waren es 61 und 2019 insgesamt 103 Arbeitstage.
Nachdem Firma und Angestellter Anfang März 2019 ein Gespräch zur Durchführung eines BEM geführt hatten,
erkrankte der Mann im weiteren Verlauf des Jahres erneut für insgesamt 79 Arbeitstage.
Daraufhin sprach der Arbeitgeber die Kündigung aus und verwies unter anderem darauf,
man habe keine dem Gesundheitszustand entsprechende Beschäftigungsmöglichkeit mehr.
Dagegen klagte der Mann und obsiegte nun auch höchstinstanzlich.
Mildere Mittel als Kündigung
Zur Begründung verwies das BAG unter anderem darauf, die Firma habe nicht dargetan,
dass keine zumutbare Möglichkeit bestand, die Kündigung durch mildere Maßnahmen zu vermeiden.
Insofern sei die Entlassung ''unverhältnismäßig und damit sozial ungerechtfertigt iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG''.
Die Richter bemängelten insbesondere, das Unternehmen habe ''nicht dargelegt, dass mit Hilfe eines (weiteren) BEM
keine milderen Mittel als die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hätten erkannt oder entwickelt werden können''.
Das aber sei im Zweifelsfall nötig.
Es widerspreche nämlich dem Sinn und Zweck von § 167 Abs. 2 SGB IX, in dem das BEM geregelt ist,
in das Gesetz ein Mindesthaltbarkeitsdatum von einem Jahr eines bereits durchgeführten BEM hineinzulesen.
Schließlich sei es eines der Ziele der gesetzlichen Vorgaben
durch eine geeignete Gesundheitsprävention das Arbeitsverhältnis möglichst dauerhaft zu sichern.
Erneutes BEM auch innerhalb eines Jahres
Vor diesem Hintergrund müsse, so die Richter weiter, gegebenenfalls ein erneutes Verfahren initiiert werden.
Und zwar auch dann, wenn nach dem zuvor durchgeführten bEM noch nicht wieder ein Jahr vergangen ist.
Als Maßnahmen seien dabei insbesondere die Umgestaltung des bisherigen Arbeitsbereichs
oder die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers auf einem anderen Arbeitsplatz zu prüfen.
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