Verzahnte Ausbildung mit Berufsbildungswerken
In den Berufsbildungswerken erhalten behinderte Jugendliche eine qualifizierte berufliche Bildung.
Der größte Teil dieser Jugendlichen ist lernbehindert.
Die Ausbildung im Berufsbildungswerk ist anerkanntermaßen gut.
Den Jugendlichen fehlt aber der Kontakt zur betrieblichen Praxis, wie ihn andere Auszubildende haben.
Deswegen finden sie oftmals trotz erfolgreich abgeschlossener Ausbildung keinen Arbeitsplatz.
Hier setzt die verzahnte Ausbildung an.
Die Jugendlichen absolvieren mindestens sechs Monate ihrer praktischen Ausbildung in einem Unternehmen.
Verzahnt heißt, Räder greifen ineinander
Das Rad Berufsbildungswerk bietet eine systematische Vorbereitung auf die Berufstätigkeit.
Das Rad Betrieb vermittelt Praxiserfahrung.
Von dieser profitieren alle: die Jugendlichen, aber auch die Unternehmen und die Bildungsträger.
Vorteile für Unternehmen
Für Ihr Unternehmen fallen weder Ausbildungsvergütung noch Beiträge zur Sozialversicherung an,
weil das Berufsbildungswerk Träger der Ausbildung bleibt.
Behinderte Jugendliche in der verzahnten Ausbildung werden doppelt auf die Beschäftigungspflichtquote angerechnet.
Das Fachpersonal des Berufsbildungswerkes unterstützt Sie
während der gesamten Ausbildung und ist zur Stelle, wenn Probleme auftreten.
Sie können ohne Risiko behinderte, aber motivierte Jugendliche kennenlernen
und sie später in Arbeit übernehmen, wenn sie sich bewähren.
Bei der Übernahme der Jugendlichen nach der Ausbildung gibt es weitere finanzielle Fördermöglichkeiten,
z.B. Lohnkostenzuschüsse und Unterstützung bei der behinderungsgerechten Einrichtung der Arbeitsplätze.
Mit den Berufsbildungswerken gewinnen Sie dauerhafte Kooperationspartner mit hohen didaktischen Qualitäten.
So können Sie effiziente Netzwerke aufbauen.
Außerdem erzielen Sie Nutzen für Ihre eigene betriebliche Ausbildung, denn das,
was für Jugendliche mit Behinderungen notwendig ist, ist in der Regel auch wertvoll für Jugendliche ohne Behinderungen.
Vorteile für die Jugendlichen
Die Jugendlichen bekommen die Chance, die Berufspraxis aus eigenem Erleben kennen zu lernen.
Sie erhalten frühzeitig einen realistischen Einblick in betriebliche Arbeitsabläufe.
Die Mitarbeit im Betrieb stärkt bei den Auszubildenden das Selbstwertgefühl.
Ihr Fachwissen verbessert sich.
Mit dem frühzeitigen Betriebseinsatz schon während der Ausbildung fühlen sich die Jugendlichen ernster genommen.
Sie sind besser auf ihr zukünftiges Arbeitsleben vorbereitet.
Damit erhöht sich die Aussicht auf einen Arbeitsplatz nach erfolgreichem Ausbildungsende.
Das Zeugnis, das sie am Ende der Praxisphase erhalten, ist eine wichtige Visitenkarte.
Rolle der Unternehmen
Betriebspraxis ist etwas anderes als ein Betriebspraktikum.
Die Jugendlichen sind im Rahmen der verzahnten Ausbildung sechs bis zwölf Monate im Betrieb.
Sie arbeiten mit und erlangen so konkrete Praxiserfahrung.
Für sie ist der Betrieb in dieser Zeit die ''Arbeitsheimat''.
Dort wollen sie gebraucht werden.
Oftmals sind diese Jugendlichen sogar stärker motiviert als die betrieblichen Auszubildenden.
Sie fühlen sich von Beginn ihrer Praxisphase an als ''wirkliche'' Auszubildende.
Ihr Einsatz, ihr Ehrgeiz, ihr Pflichteifer sind meist vorbildlich.
Wie bei der Ausbildung der eigenen Auszubildenden haben die Unternehmen
für die behinderten Jugendlichen das Recht, den Auszubildenden Weisungen zu erteilen.
Zwischen den Berufsbildungswerken und den ausbildenden Betrieben wird ein Kooperationsvertrag geschlossen,
der wichtige Rahmenbedingungen wie das Erstellen eines qualifizierten Arbeitszeugnisses
am Ende der Ausbildung sowie die regelmäßige Durchführung von Beurteilungsgesprächen regelt.
Die Berufsbildungswerke bereiten ihre Auszubildenden gezielt auf die Mitarbeit in Ihrem Unternehmen vor.
Dabei werden sie natürlich weiterhin durch das Personal des Berufsbildungswerkes beraten und unterstützt.
Rolle der Berufsbildungswerke
Die Berufsbildungswerke bleiben während der gesamten Dauer für die Ausbildung verantwortlich.
Die Berufsbildungswerke unterzeichnen die Ausbildungsverträge als verantwortliche Ausbildungsbetriebe,
zahlen die Beiträge zur Sozialversicherung und stellen den Unfallversicherungsschutz
während der betriebspraktischen Ausbildung sicher.
Die Berufsbildungswerke zahlen die Vergütung der Auszubildenden, unterstützen und beraten die betrieblichen Ausbilder
in Fragen der sonderpädagogischen Vermittlung der geforderten Ausbildungsinhalte.
Die Berufsbildungswerke koordinieren weitere Entscheidungen und Schwerpunktsetzungen während des Ausbildungsverlaufes
und stellen die Beschulung der Auszubildenden in eigenen oder unmittelbar kooperierenden Berufsschulen sicher.
Tipps für die betriebliche Ausbildung
Die Jugendlichen möchten genauso behandelt werden wie die anderen Mitarbeiter.
Gehen Sie deshalb im Umgang mit ihnen nach der Devise vor, so normal wie möglich, so speziell wie nötig.
Achten Sie auf die individuellen Stärken und Schwächen jedes Jugendlichen. Setzen Sie die Auszubildenden so ein,
dass ihre Stärken zum Tragen kommen. Überforderung demotiviert, Unterforderung aber auch.
Geben Sie den Jugendlichen zunächst Aufgaben,
bei denen rechnerische, verbale und abstrakte Inhalte weniger im Vordergrund stehen.
Erkunden Sie bei den Auszubildenden die Fähigkeiten,
die mit der Lernbehinderung nicht zusammenhängen, aber für das Berufsleben relevant sind.
Wenn Sie lernbehinderten Jugendlichen Dinge wiederholt erklären müssen,
sind Rückmeldungen, Verständnis und Lob dabei hilfreich.
Resignieren Sie nicht, wenn den Jugendlichen die Anpassung an den betrieblichen Alltag nicht auf Anhieb gelingt.
Für den Lernerfolg entscheidend ist immer die Aufgeschlossenheit und Kompetenz der Person, die den Jugendlichen begleitet.
Das gilt für Ausbilder, Kollegen oder Lehrkräfte.
Reden Sie mit Ihren Auszubildenden, wenn diese Fehler begehen oder nicht auf Sie hören.
Beziehen Sie sich dann immer auf die kritisierte Sache, ohne dabei persönlich anzugreifen.
Klare Aussagen vermeiden Missverständnisse. Die Einhaltung von Regeln und Absprachen
ist für den betrieblichen Ablauf notwendig und deshalb auch für die Jugendlichen einsichtig.
Viele Jugendliche sind in ihren Kommunikationsmitteln eingeschränkt.
Sie müssen lernen, sich an Vorbildern zu orientieren, die sie in Ihnen als Ausbilder finden können.
Wichtig ist, dass die Jugendlichen sich mit ihren Aufgaben identifizieren können.
Sie sollten den anderen Auszubildenden in den Arbeitsaufgaben und den Rechten gleichgestellt sein.
Beteiligen Sie die Jugendlichen aus den Berufsbildungswerken deshalb an Besprechungen, Schulungen und Fortbildungen.
Um welche Personen geht es?
Bei vielen Jugendlichen in den Berufsbildungswerken wurde eine Lernbehinderung festgestellt.
Sie leiden teilweise unter Störungen der Aufmerksamkeit und Konzentration,
oft kämpfen sie mit einer Lese- und Rechtschreibschwäche.
Dennoch sind diese Jugendlichen für eine große Zahl an Ausbildungsberufen geeignet.
Lernbehinderungen kommen durch viele Einflüsse zustande.
Eine besondere Rolle spielt eine lern- und kommunikationsfeindliche Umgebung im Elternhaus.
Durch gezielte Förderung ist aber für viele betroffene Jugendliche eine positive Entwicklung möglich.
Es gibt viele Menschen, die ihre Schwierigkeiten später im Berufsleben überwunden haben.
Daneben gibt es auch Jugendliche in den Berufsbildungswerken,
die psychische Behinderungen sowie Körper- oder Sinnesbehinderungen aufweisen.
Bei Körperbehinderungen werden oft besondere technische und personelle Hilfen am Arbeitsplatz benötigt.
Diese Ausstattungen werden vom Rehabilitationsträger, meist der Agentur für Arbeit und dem Integrationsamt, finanziert.
Zu den Sinnesbehinderungen gehören Schwerhörigkeit und Gehörlosigkeit sowie Sehschwäche oder Blindheit.
Das Berufsbildungswerk klärt im Vorfeld, welche Ausbildungsgänge für diese Jugendlichen
geeignet sind und wie der Ausbildungsplatz ausgestattet sein muss.
Das Berufsbildungswerk trifft in jedem Fall eine sorgfältige Auswahl und stellt sicher,
dass nur Jugendliche in Ihren Betrieb vermittelt werden, die ausreichend gefestigt und sozial integrierbar sind.
Auswahl der Teilnehmenden
Die Berufsbildungswerke achten auf die richtige Auswahl der Teilnehmenden.
Um an der verzahnten Ausbildung teilnehmen zu können, müssen die Auszubildenden bestimmte Kriterien erfüllen.
Grundvoraussetzungen sind beispielsweise
-
Interesse und Motivation für den Beruf,
-
Integrations- und Kontaktfähigkeit,
-
Team- und Kommunikationsfähigkeit,
-
Pünktlichkeit und ein gepflegtes Äußeres,
-
lokale Mobilität,
-
Umgänglichkeit und Zuverlässigkeit sowie
-
Fähigkeit und Bereitschaft zur Annahme von Kritik.
Nutzen für die Bildungsträger
Die Ausbildung in einer außerbetrieblichen Einrichtung kann nicht immer gewährleisten,
dass die Geschäftsprozesse und Arbeitsaufträge der betrieblichen Wirklichkeit entsprechen.
Die Kooperation mit Betrieben im Rahmen der verzahnten Ausbildung bietet daher die Sicherheit,
dass Jugendliche mit ''echten'' Anforderungen aus der Arbeitswelt konfrontiert werden.
Die Ausbildung gewinnt dadurch eindeutig an Qualität. Erfahrungsgemäß nehmen Jugendliche
die Anforderungen im Betrieb ernster als die Anforderungen in einer außerbetrieblichen Einrichtung.
Die Lernerfahrungen, die sie dort sammeln, sind sehr prägend.
Ein erfolgreicher Kundenkontakt beispielsweise kann mehr bewirken als Lob durch eine Ausbilderin bzw. einen Ausbilder.
Aber auch die Ausbilderinnen und Ausbilder der Bildungsträger profitieren.
Sie erhalten sich den Kontakt zur Praxis und bleiben technologisch auf dem Laufenden.
Für die Bildungsträger ist die Beteiligung an der verzahnten Ausbildung damit ein Gütesiegel und eine Imagefrage.
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